Unfall im Papamobil Papst beendet Kolumbienreise mit „Veilchen“
Cartagena (dpa) - Zum Abschluss seiner fünftägigen Kolumbienreise hat Papst Franziskus die Menschen in dem lange von Gewalt geschundenen Land zum Mitwirken am Friedens- und Aussöhnungsprozess aufgerufen.
„Wenn Kolumbien einen stabilen und dauerhaften Frieden will, muss es dringend einen Schritt in eine Richtung machen, die sich am Gemeinwohl, an Gleichheit, an Gerechtigkeit und auch am Respekt der menschlichen Natur orientiert“, sagte er am Sonntag bei seiner letzten Heiligen Messe in der Karibikstadt Cartagena, von wo aus er nach Rom zurückflog. „Der Schlüssel sind die Menschen“, sagte er.
Der Papst rief bei der Messe am Containerhafen Cartagenas im Schatten von Containern und Kränen dazu auf, eine Kultur des Verbrechens für immer zu überwinden. Getreu des Mottos der Reise betonte er: „Machen wir den ersten Schritt.“ Dieser müsse von allen getragen in eine gemeinsame Richtung getan werden. Worte reichten dabei nicht aus. Es brauche „Hände und Taten“. Besonders scharf ging er mit dem Drogenhandel ins Gericht - das meiste Kokain kommt aus Kolumbien. „Ich verurteile diese Geißel, die so viele Leben gekostet hat und von skrupellosen Leuten gesteuert wird.“
Eine Schrecksekunde gab es bei einer Fahrt mit dem Papamobil. Der 80-jährige Papst stieß sich an einer Scheibe, als er ein kleines Kind grüßen wollte und das Papamobil bremste. Er verletzte sich an der Augenbraue, setzte aber die Fahrt fort, ein Begleiter tupfte die blutende Braue ab. Anschließend wurde die Wunde mit einem Pflaster versorgt, der Papst trug ein Veilchen davon.
In Cartagena besuchte er auch ein Armenviertel. Er segnete den ersten Stein eines Bauprojektes für Straßenkinder. Das Projekt wird auch vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt. Hier leben bisher rund 140 Mädchen aus dem Elendsviertel Afriquita, deren Alltag von Armut, Gewalt, sexuellen Übergriffen und zerrütteten Familien geprägt ist.
Immer wieder erinnerte er an die Botschaft Jesu, dem Gemeinwohl zu dienen und auch bereit zum Verzeihen zu sein. Rund vier Millionen Menschen kamen zu den Messen in Bogotá, der früheren Konfliktregion Villavicencio, Medellín und Cartagena. Die Reise war begleitet von vielen Emotionen und bewegenden Begegnungen mit Opfern des Konflikts. Der Vatikan hatte die fast vierjährigen Verhandlungen mit der Farc-Guerilla über einen Friedensschluss in Havanna unterstützt.
Am letzten Tag hatte der Papst auch einen indirekten Appell an den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro gerichtet, auf jede Art von Gewalt zu verzichten und eine Lösung der Krise zu finden. Dem Sozialisten wird die Errichtung einer Diktatur vorgeworfen. „Ich bekunde meine Nähe jedem einzelnen der Söhne und Töchter dieses geliebten Landes wie auch denen, die hier in Kolumbien Aufnahme gefunden haben“, sagte Franziskus mit Blick auf die nach Kolumbien geflüchteten Menschen. Vergeblich hatte Franziskus Maduro zum Verzicht auf die Einsetzung einer Verfassungsgebenden Versammlung aufgerufen. Diese hat als übergeordnetes Staatsorgan das von der Opposition dominierte Parlament entmachtet und trifft alle Entscheidungen. Oppositionspolitikern drohen lange Haftstrafen.
Anfang August hatte der Papst in einer ungewöhnlich politischen Stellungnahme mitteilen lassen, dass der Heilige Stuhl bitte, diese Initiative zu stoppen oder auszusetzen, Menschenrechte und fundamentale Freiheitsrechte zu achten. Angesichts der steigenden Zahl von Toten, Verletzten und Festgenommenen beobachte man die „Radikalisierung und Verschärfung der Krise“ in dem südamerikanischen Land mit „großer Sorge“. Rund 95 Prozent der Venezolaner sind katholisch. Noch 2016 hatte der Papst Maduro im Vatikan empfangen.
Franziskus traf sich in Kolumbien auch mit Bischöfen aus Venezuela. „Er ist bestürzt über den verbreiteten Hunger, das Fehlen von Medikamenten und die Flucht Zehntausender Venezolaner“, berichtete der Venezuela-Referent des Hilfswerks Adveniat, Reiner Wilhelm unter Berufung auf Teilnehmer des nicht-öffentlichen Treffens.