Polizei: Libyscher Ex-Premier Ghanim ist ertrunken
Wien (dpa) - Der frühere libysche Ministerpräsident Schukri Ghanim ist in Wien ertrunken. Die Obduktion der Leiche habe dies als eindeutige Todesursache ergeben, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger am Montag.
Es seien keine Hinweise auf Fremdverschulden gefunden worden.
Ghanim war lange Jahre ein führender Funktionär des Regimes des damaligen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Im Mai 2011 sagte er sich vom Regime los und unterstützte die Rebellen. Seit mehreren Monaten lebte der 69-Jährige in Wien. Ghanims Leiche war am Sonntagmorgen in der Donau treibend gefunden worden.
Wann und wo der Libyer in die Donau stürzte, ist nach Hahslingers Angaben noch unklar. Passanten hatten den Toten, der Straßenkleidung trug, gegen 08.40 Uhr rund 20 Meter vom Ufer entfernt im Wasser entdeckt. Er konnte rasch von Rettungskräften geborgen werden. Zu dem Zeitpunkt habe er noch nicht lange im Wasser gelegen, erklärte die Polizei.
Erste Angaben der Familie Ghanims, wonach der Libyer zu Hause gestorben sei und womöglich einen Herzinfarkt erlitten habe, hatten in Wien Spekulationen über einen möglichen Mord ausgelöst. Die Obduktion lieferte nach Polizeiangaben dafür jedoch keine Anhaltspunkte.
Es gebe auch keine Hinweise auf einen Selbstmord, etwa einen Abschiedsbrief, sagte Polizeisprecher Hahslinger. Der vorangegangene Abend, den Ghanim mit seiner Tochter verbracht habe, sei unauffällig verlaufen. Er habe allerdings über Übelkeit geklagt. Am Morgen sei er zu einem Spaziergang aufgebrochen.
Über mögliche Ängste vor Verfolgung war der Polizei nichts bekannt: „Es gab keine konkrete Bedrohungssituation“, erklärte Hahslinger. Ein toxikologisches Gutachten soll Ende der Woche vorliegen. Ghanim gehörte lange Jahre zum inneren Zirkel um Gaddafi. Von 2003 bis 2006 war er Ministerpräsident des Landes. Von 2006 an war er Chef der staatlichen Ölgesellschaft und damit Ölminister, bis er sich im Mai 2011 von Gaddafi lossagte.
Der Fundort der Leiche lag nur wenige hundert Meter von der Wiener Wohnung Ghanims entfernt. Ghanim war mit der österreichischen Hauptstadt eng verbunden und hatte über Jahre wichtige Funktionen bei der Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) mit Sitz in Wien. Teile seiner Familie leben dort, zwei Töchter haben nach Angaben des österreichischen Außenamtes die österreichische Staatsbürgerschaft.