Präsidentschaftswahlen: In der Slowakei wird es spannender als gedacht
Der bis vor kurzem sicher scheinende Sieg des Favoriten rückt wohl in weite Ferne.
Bratislava. Der sozialdemokratische Regierungschef Robert Fico konnte seine Enttäuschung kaum verbergen, als er in der Wahlnacht vor die TV-Kameras trat. Vielleicht sei die geringe Wahlbeteiligung von 43,4 Prozent ein Grund dafür gewesen, dass er nur 28 statt der in Umfragen prognostizierten nahezu 40 Prozent erreichte. Nur vier Prozentpunkte trennten den erfolgsverwöhnten 49-Jährigen im ersten Durchgang der slowakischen Präsidentschaftswahlen am Samstag vom Zweitplatzierten Andrej Kiska, der ihn nun in einer Stichwahl am 29. März herausfordern wird.
Tatsächlich lag Fico in allen Umfragen vor dem Wahlgang am Samstag so deutlich vor der versammelten Konkurrenz, dass es wohl viele seiner Anhänger gar nicht für nötig hielten, überhaupt abzustimmen. Für den zweiten Durchgang muss er nun alles daran setzen, diese Leute zu mobilisieren. Denn von den im ersten Wahlgang ausgeschiedenen Konkurrenten kann er nicht viel an Stimmen erwarten: Sie gehören allesamt dem bürgerlichen Lager an und haben großteils schon Kiska ihre Unterstützung zugesagt.
Rund die Hälfte der abgegebenen Stimmen gingen an Kandidaten, die nicht in die Stichwahl kamen. Um dieses riesige Stimmenpotenzial begann Kiska schon vor Verkündung des endgültigen Wahlergebnisses zu werben: Vor laufender Kamera lobte er das „beachtliche“ Ergebnis vor allem des Drittplatzierten, Radoslav Prochazka, der wie Kiska auf Parteiunabhängigkeit gesetzt hatte und damit auf mehr als 21 Prozent der Stimmen gekommen war. „Jetzt ist es am wichtigsten, den Menschen wieder Vertrauen in das Präsidentenamt zu geben, indem es für die Menschen da ist und nicht als verlängerter Arm einer politischen Partei fungiert“, sagte Kiska vor laufenden TV-Kameras.
Der mit Kreditfinanzierungsfirmen Millionär gewordene Unternehmer hat sich als Gründer einer der größten Wohltätigkeitsorganisationen des Landes ein gutes Image erworben. Dass er noch nie ein politisches Amt bekleidete, scheint ihm bei den parteienverdrossenen Wählern mehr genützt zu haben.
Regierungschef Fico ist nach den Umfragen weiter mit Abstand beliebtester Politiker der Slowakei. Aber auch viele seiner treuesten Anhänger unterstützen nach Ansicht von Politologen nicht seine Ambitionen, von der Rolle als engagierter Regierungschef ins eher nur repräsentative Präsidentenamt zu wechseln. Das könnte den politischen Neuling Kiska ins höchste Amt des Staates katapultieren.