Prominenter Priester und Kirchenkritiker in Russland erstochen

Moskau (dpa) - Der bekannte russisch-orthodoxe Priester und Kirchenkritiker Pawel Adelgejm (75) ist in der Großstadt Pskow im Nordwesten Russlands von einem 27-Jährigen erstochen worden.

Das Motiv des Mannes, der nach der Tat gefasst wurde, sei unklar, sagte ein Polizeisprecher in dem Ort rund 700 Kilometer von Moskau entfernt am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. Adelgejm hatte unter anderem den Prozess gegen die Frauen-Punkband Pussy Riot scharf kritisiert und sich damit gegen die eigene Kirchenführung gestellt.

Er rief zudem die Gläubigen auf, homosexuelle Partnerschaften zu tolerieren statt zu bekämpfen. „Die russisch-orthodoxe Kirche lässt solche Ehen zwar nicht zu, aber rechtlich gesehen darf der Staat die Basis dafür schaffen“, hatte Adelgejm betont. Mit der Politik des als kremlnah geltenden Patriarchen Kirill sei er „nicht einverstanden“. Adelgejm saß in der Sowjetzeit als Dissident auch in Haft.

Der prominente Geistliche Andrej Kurajew bezeichnete den Tod Adelgejms als schweren Verlust für die russisch-orthodoxe Kirche. „Er war der letzte freie Priester des Moskauer Patriarchats“, sagte Erzdiakon Kurajew, der ebenfalls als interner Kirchenkritiker gilt.

Der tatverdächtige Mann hatte sich kurz vor der Festnahme mit Messerstichen selbst schwer verletzt. Er schwebte in Lebensgefahr.