Proteste überschatten Wahlen in Nicaragua

Managua (dpa) - Überschattet von Manipulationsvorwürfen und Protesten haben in Nicaragua am Sonntag Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattgefunden. Im Kampf um das höchste Staatsamt standen sich Amtsinhaber Daniel Ortega (65) und der Medienunternehmer Fabio Gadea gegenüber.

Ortega tritt trotz Verfassungsverbotes zum dritten Mal an - und galt als klarer Favorit. Erste Ergebnisse wurden am frühen Montag erwartet. 3,4 Millionen Nicaraguaner sind wahlberechtigt.

Die Opposition, aber auch ausländische Beobachter werfen dem früheren sandinistischen Revolutionär Ortega und dessen Frau Rosario Murillo vor, die Verfassung zu beugen und eine Familiendiktatur in Nicaragua errichten zu wollen. Luis Núñez, Chef der EU-Beobachter, kritisierte die von Ortega abhängige Wahlbehörde. Diese habe die Beteiligung von 60 000 nationalen Beobachtern verhindert und Tausende Wahlausweise mit Absicht zurückgehalten.

In den vergangenen Tagen war die Lage im ganzen Land insbesondere wegen der fehlenden Wahlausweise („Cedulas“) angespannt. Vor allem in Matagalpa im Norden, aber auch in anderen Provinzen kam es zu Protesten, weil die Wahlausweise nicht an Einwohner vergeben wurden, die als regierungskritisch eingeschätzt wurden.

Mindestens 15 Menschen wurden in Matagalpa am Samstag bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Bürgern verletzt. Die Polizei ging mit Tränengas und Knüppeln gegen Campesinos vor, die ein örtliches Wahlzentrum besetzen wollten, um sich der Wahlausweise zu bemächtigen, wie es hieß.

Der Ortega-Vertraute und Vorsitzende der Wahlbehörde, Roberto Rivas, beschuldigte die Opposition, hinter den Protesten zu stehen. „Das ist der Versuch einer politischen Gruppe, einen Konflikt zu erzeugen“, sagte er am Samstag vor der Presse.

Um seine Wiederwahl sicherzustellen hat Ortega mehrere schwere Gesetzesverstöße begangen. Seine Kandidatur verstößt gegen die Verfassung, da er bereits zweimal Präsident seines Landes war und weil ein Präsident nicht unmittelbar im Anschluss an seine Amtszeit erneut kandidieren darf. Ortega verlängerte per Dekret die Mandate der ihm hörigen Mitglieder der obersten Wahlbehörde (CSE) und im November 2008 brachte er zahlreiche Städte, darunter Managua, durch einen angeblich massiven Wahlbetrug unter seine Kontrolle.

Unter diesen Bedingungen galt Umfragen zufolge Ortegas Wiederwahl als sicher. Um im ersten Durchgang gewählt zu werden benötigt ein siegreicher Bewerber nur 38 Prozent der Stimmen, also nicht die absolute Mehrheit - oder nur 35 Prozent, wenn er mit mehr als fünf Prozent vor dem Zweitplatzierten in Front liegt. Auch diese Regelung war vor der letzten Wahl von Ortega durchgesetzt worden.