Putin weist Sorgen vor Repressionen zurück

Moskau (dpa) - Vor der russischen Präsidentenwahl am Sonntag hat der favorisierte Kandidat Wladimir Putin (59) Sorgen der Opposition vor Repressionen als unnötig bezeichnet.

Der Ministerpräsident versprach in einem am Freitag veröffentlichten Interview, dass das Land keine demokratischen Rückschritte fürchten müsse. Er kündigte mehr Pluralismus und politische Vielfalt an. Putin will sich zum dritten Mal nach 2000 und 2004 ins höchste Staatsamt wählen lassen.

Laut Umfragen ist Putin die absolute Mehrheit der Stimmen für eine Rückkehr in den Kreml sicher. Unter den vier Herausforderern gilt niemand als erklärter Gegner Putins. Die Opposition warnte wiederholt vor Manipulationen am Wahltag und hat zu Massenprotesten für Montag aufgerufen. Der scheidende Kremlchef Dmitri Medwedew forderte die Mitbürger im größten Land der Erde zu einer regen Wahlbeteiligung auf. Putin schloss in seinem Gespräch mit westlichen Journalisten erstmals nicht aus, noch einmal zwei Amtszeiten als Präsident abzuleisten und damit bis 2024 an der Macht zu bleiben. „Wenn es so käme und den Leuten gefällt, ist das normal (...). Aber ich weiß noch nicht, ob ich insgesamt über 20 Jahre regieren will.“ Kommentatoren, die Putin einen autoritären Führungsstil vorwerfen, fürchten neue Einschränkungen, sollte der 59-Jährige in den Kreml zurückkehren. „Woher diese Ängste rühren, weiß ich nicht. Wir planen nichts dergleichen“, sagte Putin. „Im Gegenteil, alle unsere Vorschläge sind darauf gerichtet, den Dialog mit allen zu führen - mit denen, die uns unterstützen, und mit denen, die uns kritisieren.“

Für Aufsehen kurz vor der Wahl sorgte ein Medienbericht, nach dem Hunderte Soldaten einer Kampfeinheit aus dem Nordkaukasus nach Moskau verlegt worden seien, um mögliche Straßenproteste niederzuschlagen. Er verfüge über eine Bestätigung, dass die Kommandanten der Truppe in einem Luxushotel der Hauptstadt untergebracht seien, sagte der Oppositionsabgeordnete Ilja Ponomarjow. Das Innenministerium wies den Bericht zurück. Putin-Gegner planen für diesen Montag eine erneute Protestkundgebung in Moskau mit Zehntausenden Teilnehmern. Die Opposition befürchtet Fälschungen und eine der „schmutzigsten Wahlen“ in Russland überhaupt, da es um Putins politische Zukunft gehe.

Putin betonte in dem Gespräch mit Chefredakteuren, darunter des „Handelsblatts“ und der Londoner „The Times“, dass Medwedew seine Reformen zur Liberalisierung des politischen Systems künftig im Amt des Regierungschefs fortsetzen könne. Damit werde auch die Gründung von Parteien und die Zulassung von Kandidaten zu Wahlen erleichtert, betonte der Regierungschef laut einer am Freitag auf seiner Internetseite veröffentlichen Mitschrift. Der scheidende Kremlchef Medwedew verzichtet zugunsten seines politischen Ziehvaters Putin auf eine erneute Kandidatur.

Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth warf Putin vor der Wahl vor, Demokratie nur „zu simulieren“. Die Bundesregierung müsse die Zivilgesellschaft in Russland stärker unterstützen, forderte Roth in einer in Berlin veröffentlichen Erklärung.

Kritiker kreiden dem seit zwölf Jahren regierenden Putin an, durch Missbrauch von Staatsmedien und Druck auf die Opposition seine Macht zu sichern. Außerdem lasse er keinen fairen politischen Wettbewerb zu. Der Ex-Geheimdienstchef musste laut Verfassung 2008 nach zwei Amtszeiten in Folge abtreten. Nach einer Amtszeit Pause darf er jedoch jetzt wieder kandidieren. Gemäß einer Verfassungsänderung unter Medwedew wird der neue Präsident nun für sechs und nicht mehr nur für vier Jahre gewählt.

Putin gilt unter den insgesamt fünf Kandidaten als Favorit. Umfragen sehen ihn mit einer absoluten Mehrheit der Stimmen zwischen 50 und 66 Prozent. Medwedew soll in einer umstrittenen Rochade künftig das untergeordnete Amt des Regierungschefs antreten. Der Rollentausch wird für Mai erwartet. Im größten Land der Erde sind an diesem Sonntag (4. März) rund 110 Millionen Menschen in neun Zeitzonen zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts aufgerufen. Der russische Präsident hat die Befehlsgewalt über das nach den USA größte Atomwaffenarsenal.