Rechte Parteien sehen Brexit als Chance für Reform der EU
Wien (dpa) - Europas Rechtspopulisten erhoffen sich vom Referendum über die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU Rückenwind für ihre politischen Ziele.
Volksbefragungen wie die in Großbritannien am kommenden Donnerstag seien der einzige Weg, das politische Establishment in wichtigen Fragen „zu stoppen, aufzuhalten und zu korrigieren“, sagte der Chef der rechten FPÖ, Heinz-Christian Strache, am Freitag in Wien. Unter dem Motto „Patriotischer Frühling“ trafen sich Vertreter von neun rechtspopulistischen Parteien, darunter der AfD, in Wien.
Aus Sicht der Vorsitzenden der rechtsextremen französischen Front National (FN), Marine Le Pen, kann ein Austritt Großbritanniens aus der EU - ein Brexit - „der Beginn eines Europas à la carte“ sein. „Es ist ein realistisches Projekt, konkret und sehr seriös“, sagte die FN-Chefin am Abend vor rund 2000 FPÖ-Anhängern. Sie sei dafür, dass alle Länder über ihre Beziehung zur EU abstimmen dürfen. Parteien wie die FN, die FPÖ und die AfD setzen auf mehr nationale Selbstbestimmung in einem reformierten Europa.
Die EU müsse im Fall eines Brexits mit Großbritannien verhandeln und beweisen, ob sie zu strukturellen Veränderungen bereit sei, meinte Strache. Der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell erklärte, ein Brexit sei gefährlich für das nicht reformwillige EU-Establishment. Denn die Menschen würden möglicherweise feststellen, „dass entgegen aller Unkenrufe es ein Leben nach der Europäischen Union geben kann“, sagte er mit Blick auf Länder wie Norwegen oder die Schweiz.
Angesichts der Wahlerfolge in Frankreich und Österreich strotzen die Rechtspopulisten vor Selbstbewusstsein. Eine Ausgrenzung ihrer Bewegung durch die anderen Parteien werde immer schwieriger, meinte Strache. In Deutschland werde die AfD bald die SPD hinter sich lassen. In Österreich winke ein neuer Triumph. „Wenn man sich nicht bewegt, wird irgendwann die absolute Mehrheit da sein“, so Strache. Die FPÖ kommt in Umfragen derzeit auf rund 34 Prozent - vor elf Jahren lag sie bei drei Prozent. Bei der Bundespräsidentenwahl hatte FPÖ-Kandidat Norbert Hofer 49,7 Prozent erreicht.
„Ein neuer Wind weht auf dem europäischen Kontinent“, sagte Le Pen. Die französische FN-Präsidentschaftskandidatin ließ kein gutes Haar an der jetzigen EU. Alle Hoffnungen seien enttäuscht, alle Versprechen gebrochen worden. Die EU in ihrem jetzigen Zustand bedeute „Konfusion, Unordnung und Konflikte“. Wenn sich ein Problem nicht lösen lasse, heiße es zur Begründung immer, „weil es nicht genug Europa gibt“. Das sei aber nicht die Antwort, die die Völker erwarteten, sagte die 47-Jährige.