Reibungsloser Machtwechsel in Riad
Riad (dpa) - Nach dem Tod des saudischen Königs Abdullah ist die Macht in dem konservativen Golf-Königreich reibungslos an seinen Halbbruder Salman übergegangen.
Beobachter erwarten, dass der neue Regent (79) den Kurs seines Vorgängers (91) fortsetzt. „Wir werden an der rechtschaffenen Politik festhalten, die Saudi-Arabien seit der Gründung durch König Abdelasis verfolgt hat“, erklärte Salman in seiner ersten TV-Ansprache nach dem Machtwechsel.
Hunderte Menschen sprachen am Mittag in der Turk-bin-Abdullah-Moschee in der Hauptstadt Riad das Totengebet für den gestorbenen König Abdullah. Begleitet von einer Menschenmenge trugen Familienmitglieder den verhüllten Leichnam hinaus. Im Beisein von Verwandten wurde er in einem nicht markierten Grab beerdigt. Am Abend schworen Mitglieder der Königsfamilie und Bürger König Salman in einem Palast ihre Treue.
An diesem Samstagabend soll eine Trauerfeier für den verstorbenen König stattfinden. Auf Bitten von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird Altbundespräsident Christian Wulff Deutschland dabei vertreten, wie eine Regierungssprecherin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte. Zu den Gründen für diese Entscheidung äußerte sie sich nicht. Merkel kondolierte zum Tod von Abdullah und rühmte dessen „ausgewogene und vermittelnde Politik im Nahen Osten“.
Abdullah war nach langer Krankheit gestorben. Noch in der Nacht ernannte das Königshaus Salman zu seinem Nachfolger. Der reibungslose Thronwechsel sorgte dafür, dass in Riad kein Machtvakuum entstand. Salmans Fernsehansprache nährte jedoch Sorgen um seinen Gesundheitszustand. Der neue Regent sprach kurzatmig und war schwer zu verstehen. Seit langem gibt es Gerüchte, dass er an Demenz leidet.
Als neuer starker Mann in Saudi-Arabien gilt deshalb der zum Kronprinzen ernannte Mukrin (69), wie Salman ein Sohn des Staatsgründers. Zum Vize-Kronprinzen ernannte der Königshof Prinz Mohammed bin Naif (55). Dieser wäre im Falle einer Machtübernahme der erste Vertreter aus der Enkelgeneration des Staatsgründers auf dem Thron. Salmans Sohn Mohammed ist neuer Verteidigungsminister.
Der Thronwechsel kommt in einer für Saudi-Arabien sehr schwierigen Zeit. Der Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak bis an die Grenzen des Königreichs und der Staatszerfall im benachbarten Jemen haben das Herrscherhaus alarmiert. Saudi-Arabien ist immer wieder selbst Ziel von Terroranschlägen.
US-Präsident Barack Obama nannte Abdullah einen aufrichtigen und mutigen Führer. Israels Ex-Präsident Schimon Peres erklärte, Abdullahs Tod sei ein „wirklicher Verlust für den Frieden im Nahen Osten“. Auch der mit Saudi-Arabien verfeindete Iran bedauerte den Tod des Monarchen. Die Führer der arabischen Welt reagierten mit Beileidsbekundungen. Mehrere Regierungen riefen Trauerzeiten aus.
In dem streng religiösen Königreich hatte Abdullah während seiner Herrschaft Modernisierungsschritte unternommen. So gründete er gegen den Willen von Islam-Gelehrten 2009 die König-Abdullah-Universität, in der Frauen und Männer gemeinsam studieren und forschen.
Unter Abdullah gelang es dem Königreich auch, die arabischen Aufstände unbeschadet zu überstehen. An der Politik Riads gab es jedoch scharfe Kritik. So schickte das Königshaus Soldaten ins benachbarte Bahrain, wo Proteste von Schiiten niedergeschlagen wurden. Auch politischen Gegnern gegenüber blieb er unnachgiebig.
Aktuell sorgt die Prügelstrafe für den islamkritischen Blogger Raif Badawi international für Empörung. Der Aktivist war zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockschlägen verurteilt worden, weil er im Internet den Islam beleidigt haben soll.