Ukraine-Krieg Ruf nach Kampfpanzern für die Ukraine - Polen will breite Koalition

Berlin/Warschau · Nach der zugesagten Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine wächst der Druck, dem von Russland angegriffenen Land auch Kampfpanzer zu geben. In Polen gibt es entsprechende Überlegung, in Großbritannien angeblich auch. Was macht Berlin?

Nach entsprechenden Forderungen deutscher Bundestagsabgeordneter regt nun auch die polnische Regierung eine breite Koalition mehrerer Länder zur Übergabe modernerer Panzer wie etwa des deutschen Leopard an.

Foto: dpa/Jakub Kaczmarczyk

Die Debatte um eine Lieferung westlicher Kampfpanzer an die Ukraine nimmt Fahrt auf: Nach entsprechenden Forderungen deutscher Bundestagsabgeordneter regt nun auch die polnische Regierung eine breite Koalition mehrerer Länder zur Übergabe modernerer Panzer wie etwa des deutschen Leopard an.

„Natürlich könnten wir theoretisch auch einzeln handeln, aber hier brauchen wir eine breitere Nato-Zusammenarbeit, weil wir auch unsere Verteidigungsfähigkeit aufrechterhalten müssen“, sagte Vize-Außenminister Pawel Jablonski am Montag dem polnischen öffentlich-rechtlichen Radio. Jakub Kumoch, Sicherheitsberater von Präsident Andrzej Duda, sagte dem Sender Radio Zet: „Die Sache ist im Fluss.“ Allein werde sein Land nichts unternehmen.

Auch Großbritannien erwägt einem Bericht des TV-Senders Sky News zufolge eine Lieferung von Kampfpanzern. Bis zu zehn Fahrzeuge vom Typ Challenger 2 könnten demnach zur Abwehr der russischen Angriffe an das Land gehen, berichtete der Sender am Montag. Demnach liefen entsprechende Diskussionen bereits seit Wochen. Ein solcher Schritt würde auch andere Staaten ermutigen, Kampfpanzer zu liefern, zitierte Sky News eine „ukrainische Quelle“. Der Challenger 2 ist vergleichbar mit dem deutschen Kampfpanzer Leopard, dem amerikanischen Abrams oder dem französischen Leclerc.

Nach der amerikanisch-deutschen Entscheidung für die Lieferung von Schützenpanzern war von Politikern der Grünen und der FDP sowie der oppositionellen Union gefordert worden, der Ukraine auch den Kampfpanzer Leopard zu überlassen. Der grüne Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ließ am Sonntagabend erkennen, dass eine Lieferung von Leopard-1- oder Leopard-2-Panzern nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. „Wir prüfen immer die Situation, wir stimmen uns mit den anderen Ländern ab. Und innerhalb dieses Korridors werden auch weitere Entscheidungen getroffen. Das heißt: Nein, ausgeschlossen ist das natürlich nicht“, sagte Habeck in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

Bei Gefechten gepanzerter Verbände wirken Kampfpanzer und Schützenpanzer mit ihren Besatzungen gemeinsam und ergänzen sich in ihren Fähigkeiten. Die Bundesregierung hatte sich bereit erklärt, der Ukraine 40 Schützenpanzer Marder zu überlassen. Kampfpanzer sind deutlich schwerer bewaffnet und schlagkräftiger als Schützenpanzer.

Vom Kampfpanzer Leopard 2 wurden insgesamt mehr als 3 600 Stück gebaut, darunter mehr als 2000 in der nun älteren Version Leopard 2A4. Sie werden in zahlreichen Ländern genutzt. Mögliche europäische Partner in einer gemeinsamen Lieferung könnten neben Polen auch Finnland und Spanien sein. Auch das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall hatte in der Vergangenheit Lieferungen angeboten. Die Bundeswehr selbst hat für das Jahr 2025 einen Zielbestand von 320 Kampfpanzern Leopard 2A7V, aber selbst alle älteren Modelle wie die Version 2A4 abgegeben.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit machte am Montag deutlich, dass es in Deutschland zunächst keinen Kurswechsel bei den Kampfpanzern gibt. „Die Bundesregierung hat zum jetzigen Zeitpunkt kein Bestreben, ihrerseits Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Wir haben gerade eine sehr weitreichende Entscheidung getroffen, in enger Absprache mit unseren amerikanischen und französischen Freunden jetzt Schützenpanzer zu liefern“, sagte er. Weitere Entscheidungen müssten besprochen werden.

Die SPD-Spitze stellte sich am Montag auf ihrer Klausurtagung klar hinter den Kurs von Kanzler Olaf Scholz bei den Waffenlieferungen in die Ukraine. „Wir unterstützen als SPD-Führung den Kurs des Bundeskanzlers uneingeschränkt“, sagte Parteichef Lars Klingbeil. Das gelte auch für die Entscheidung zur Lieferung der Marder-Schützenpanzer. Zur Frage der Lieferung von Kampfpanzern äußerte Klingbeil sich nicht. Die SPD gilt als skeptischste der drei Koalitionsparteien, was die Lieferung von Waffen neuer Qualität in die Ukraine angeht.

Es blieb weiter unklar, aus welchen Beständen genau Deutschland die angekündigten Schützenpanzer Marder liefern wird. Geprüft wurde eine Lieferung aus der Bundeswehr. Allerdings hatte Verteidigungsministern Christine Lambrecht (SPD) noch unmittelbar vor Weihnachten eine Überlassung von Bundeswehr-Schützenpanzern praktisch ausgeschlossen.

Sie war im Deutschlandfunk gefragt worden, ob die wegen Pannen getroffene Entscheidung, statt des Panzers Puma nun den älteren Marder für einen Nato-Einsatz bereitzuhalten, bedeute, dass die Ukraine sich keine Hoffnung auf Marder mache könne. „Aus der Bundeswehr hätten wir sowieso keine Marder abgegeben. Wir brauchen die“, sagte sie. Hebestreit sagte am Montag, die Bundesverteidigungsministerium „war eng eingebunden schon in die Entscheidungsfindung des Bundeskanzlers“.

(dpa)