Bei Luftangriff in Syrien Russland prüft Berichte über Tod von IS-Anführer Al-Bagdadi
Moskau/Damaskus (dpa) - Der Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, könnte nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums in Syrien getötet worden sein.
Das Ministerium prüfe Berichte, wonach Al-Bagdadi (45) bei einem russischen Luftangriff in der Nähe Stadt Al-Rakka gemeinsam mit weiteren IS-Führern ums Leben gekommen sein könnte, teilte das Verteidigungsministerium mit. Allerdings gab es schon häufiger Berichte, nach denen der IS-Chef verletzt oder sogar getötet worden sein sollte.
Der Luftangriff soll den Angaben aus Moskau zufolge in der Nacht zum 28. Mai erfolgt sein. Al-Bagdadi soll an dem Abend an einem Treffen mit anderen Anführern des Islamischen Staates teilgenommen haben. Sie sollen Routen geplant haben, um die Stadt zu verlassen. Auch weitere ranghohe Mitglieder der Dschihadisten sollen bei dem Angriff getötet worden sein, darunter 30 Kommandanten und etwa 300 Kämpfer.
Das russische Verteidigungsministerium hatte nach eigenen Angaben die USA vorab über den geplanten Luftangriff informiert. Die USA hatten eine Belohnung in Höhe von 25 Millionen Dollar auf den Terroristen ausgesetzt.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow wollte den Tod des Terroristen jedoch nicht eindeutig bestätigen. „Bislang habe ich noch keine hundertprozentige Bestätigung zur Tötung Al-Bagdadis“, sagte der russische Chefdiplomat am Freitag in Moskau der Agentur Tass zufolge.
Auch die US-geführte Militärkoalition gegen den Islamischen Staat äußerte sich ähnlich: „Wir können zum jetzigen Zeitpunkt diese Berichte nicht bestätigen“, hieß es in einer Mitteilung.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die über ein breites Netz an Informanten in Syrien verfügt, zweifelte die russischen Berichte an. Der Beobachtungsstelle lägen keine Angaben über Luftangriffe in dem besagten Zeitraum und Gebiet vor, sagte der Leiter des Zentrums, Rami Abdel Rahman, der Deutschen Presse-Agentur.
Der Aufenthaltsort von IS-Anführer Al-Bagdadi war immer wieder unklar. Nur selten trat der selbst ernannte „Kalif Ibrahim“ in der Öffentlichkeit auf. Am bekanntesten ist sein Auftritt Ende Juni 2014, wenige Tage nach Ausrufung des Kalifats.
Völlig überraschend tauchte er in einer Moschee in der nordirakischen Stadt Mossul auf, wo er die Freitagspredigt hielt. Danach aber zeigte er sich nicht mehr und wandte sich auch nur selten in Botschaften an seine Anhänger - zumeist, wenn es Gerüchte über seinen Tod gab.
Al-Bagdadi sah sich in der Nachfolge des Propheten Mohammed und beanspruchte als „Kalif“, Führer der gesamten islamischen Gemeinschaft zu sein. Das Kalifat bezeichnet das Herrschaftsgebiet des Kalifen.
Seit seiner Ausdehnung über größere Teile Syriens und des Iraks wird der IS militärisch bekämpft und hat große Teile seines Herrschaftsgebietes inzwischen wieder verloren. In der irakischen Hochburg Mossul kontrollieren die Dschihadisten nur noch wenige Stadtviertel. Und auch in der inoffiziellen Hauptstadt des IS, der nordsyrischen Stadt Al-Rakka, kommt es derzeit zu heftigen Kämpfen. Ein Bündnis unter Führung kurdischer Truppen hatte vor rund zehn Tagen mit dem Sturm auf die Stadt begonnen.
Der IS tritt in seinem Herrschaftsgebiet als selbst ernannte Schutzmacht der Sunniten gegen Verfolgung durch Schiiten auf. Die Terrormiliz hat ein Gewaltmonopol mit Polizei und Geheimdienst errichtet. Der IS kassiert Steuern und betreibt eine eigene Justiz. Die Extremisten beherrschen zudem das Bildungssystem, organisieren Sozialunterstützung und verteilen Saatgut an Bauern.