Korea-Krise Russland sperrt sich gegen schärfere Nordkorea-Sanktionen

Wladiwostok/New York/Peking (dpa) - Im Streit über Nordkoreas Atomwaffentests sperrt sich Russland gegen die US-Forderung nach schärferen Sanktionen einschließlich eines Ölembargos.

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Während China und Deutschland bei aller Dialogsuche schärfere Sanktionen grundsätzlich unterstützen, forderte der Kremlchef Wladimir Putin, das isolierte Nordkorea durch Zusammenarbeit in die internationale Gemeinschaft einzubinden.

Putin warnte die USA davor, sich von Nordkorea provozieren zu lassen. „Alles, was derzeit passiert, ist natürlich eine Provokation“, sagte er am Donnerstag in der Stadt Wladiwostok im Fernen Osten. Die nordkoreanische Führung sei nicht dumm: Sie rechne mit einer bestimmten Reaktion und erziele sie auch. „Warum machen sie da mit?“, fragte der Kremlchef in Richtung Washington. Nordkorea sehe seine Atomwaffen als einzigen Schutz und werde sie nicht abgeben.

Kanzlerin Angela Merkel und der chinesische Präsident Xi Jinping sprachen sich nach Angaben der Bundesregierung bei einem Telefonat am Donnerstag für schärfere Sanktionen gegen Pjöngjang aus. Das Wort Ölembargo fiel dabei nicht. Merkel und Xi werteten den jüngsten Atomtest Nordkoreas als erhebliche Gefahr für die Sicherheit der Region. Es müsse neben Sanktionen auch der Dialog gesucht werden.

Die Führung in Pjöngjang hatte am Sonntag nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe testen lassen, mit der eine Langstreckenrakete bestückt werden kann. Der sechste und bisher größte Test seit 2006 war ein klarer Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates.

Der südkoreanische Präsident Moon Jae In und der japanische Regierungschef Shinzo Abe forderten bei ihrem Auftritt mit Putin in Wladiwostok schärfere Sanktionen. Nordkoreas Außenhandelsminister Kim Yong Jae kündigte dort massive Abwehrmaßnahmen gegen den US-Druck auf sein Land an. Er nannte den Druck barbarisch, wie die Agentur Tass meldete. Nordkorea brauche Atomwaffen, um feindliche Kräfte an jedem Punkt der Erde treffen zu können, sagte Kim Yong Jae. Auf diese Weise sichere es die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel.

„Es ist kontraproduktiv, Kriegshysterie zu schüren“, sagte Putin. Er rechne nicht mit einem Krieg in Ostasien. Deshalb rate er Geldgebern auch, weiter in der Region zu investieren, sagte er bei einem Wirtschaftsforum. Mit Nordkorea könne man durch den Ausbau von Bahnlinien und Pipelines oder die Nutzung der Häfen kooperieren.

Die USA wollen dagegen Nordkorea mit einem Ölembargo belegen und die Vermögen des Machthabers Kim Jong Un im Ausland einfrieren. Das geht aus einem Resolutionsentwurf hervor, den die USA bei den Vereinten Nationen vorlegten. Eine Abstimmung darüber ist derzeit für kommenden Montag geplant. Der Termin kann sich allerdings noch verschieben.

Nordkorea soll auch gehindert werden, Textilien zu exportieren. Weiter soll verboten werden, nordkoreanische Arbeitskräfte im Ausland anzustellen, was dem isolierten Land bisher wichtige Devisen bringt. Nordkoreaner arbeiten zum Beispiel in Russland.

Die EU plant wegen des Atomtests schärfere Sanktionen gegen Nordkorea. „Wir glauben, dass zusätzlicher wirtschaftlicher und diplomatischer Druck etwas bewirken kann“, sagte die Außenbeauftragte Federica Mogherini am Rande eines Ministertreffens in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) stimmte dem zu. „Nach unserer Auffassung darf Europa es nicht mehr zulassen, dass koreanische Schiffe oder Schiffe in Eigentümerschaft Koreas Häfen bei uns anlaufen, dass wir Arbeitsplätze bieten“, sagte er.

China kündigte an, es wolle im Weltsicherheitsrat neue Strafmaßnahmen gegen Pjöngjang verabschieden. Außenminister Wang Yi sagte in Peking, sein Land unterstütze „weitere Schritte“ des höchsten UN-Gremiums, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Der Schlüssel zur Lösung der Atomfrage auf der koreanischen Halbinsel seien „sowohl Sanktionen als auch Dialog“. Der Außenminister äußerte sich auch nicht zu dem Ölembargo, das die USA durchsetzen wollen.

Zuvor hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump nachdrücklich eine friedliche Lösung angemahnt. China bestehe darauf, dass die Atomfrage durch Verhandlungen gelöst werde, zitierte Xinhua den Präsidenten.

Trump sagte nach dem Telefonat, eine militärische Lösung sei „sicherlich nicht unsere erste Wahl“. „Aber wir werden sehen, was passiert.“ Das chinesische Militär hielt nahe der Grenze zu Nordkorea eine große Übung ab.

US-Präsident Donald Trump sieht eine militärische Option im Konflikt mit Nordkorea nicht als unausweichlich an. Eine andere Lösung sei besser, sagte Trump am Donnerstag im Weißen Haus. „Ich würde es bevorzugen, nicht den militärischen Weg zu gehen. Aber das ist sicher etwas, was passieren könnte“, sagte Trump. Man müsse jetzt auf die Details schauen. 25 Jahre „reden, reden, reden“ hätten in dem Streit über eine atomare Bewaffnung Nordkoreas nichts gebracht. „Nordkorea benimmt sich schlecht, und es muss damit aufhören“, sagte Trump.

Das amerikanische Militär sei das stärkste überhaupt und habe „wunderschöne“ Waffen, sagte Trump. „Wenn wir sie jemals gegen Nordkorea einsetzen müssen, wird das ein trauriger Tag für Nordkorea.“ Trump sagte, er wolle seine Verhandlungsposition in diesem Konflikt nicht öffentlich machen.

Erst Anfang August hatte der Sicherheitsrat die bislang schärfsten Sanktionen verhängt, unter anderem Ausfuhrverbote auf Kohle, Eisen, Eisenerz, Blei, Bleierz sowie Fisch und Meeresfrüchte. Damit soll schon ein Drittel der nordkoreanischen Exporte in Höhe von bisher drei Milliarden US-Dollar getroffen werden.

Ein Stopp von Öllieferungen an Nordkorea würde nach Einschätzung von Experten vor allem die Bevölkerung treffen. Nach früheren Erfahrungen könnten die 25 Millionen Nordkoreaner dann noch seltener Busse nehmen, hätten in ihren Haushalten weniger Strom oder Brennstoffe. Auch müssten die Menschen mehr Holz fällen, was die ohnehin schlimme Erosion noch verstärken würde. Es könnten weniger Pumpen betrieben werden, um Felder zu bewässern. Produktion und Transport von Nahrungsmitteln würden beeinträchtigt.

„Wenn es ein totales Embargo gäbe, könnte es zu einem Zusammenbruch der nordkoreanischen Wirtschaft führen“, erklärte Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel im Radioprogramm SWR Aktuell. Er halte die Umsetzung aber für unwahrscheinlich. Denn dazu müssten die Chinesen die Tanker kontrollieren, die Öl nach Nordkorea bringen. Er erwarte eher Sanktionen auf der Exportseite wie bei Textilien.