Sarkozy und Obama ziehen über Netanjahu her
Paris (dpa) - In einem vertraulichen Gespräch mit US-Präsident Barack Obama hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy in übler Weise über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hergezogen.
„Ich kann ihn nicht mehr sehen, das ist ein Lügner“, soll Sarkozy nach übereinstimmenden Angaben von Mithörern des Gesprächs über Netanjahu gesagt haben. Obama habe ihm geantwortet: „Du bist ihn leid, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu tun!“.
Zu der Veröffentlichung des diplomatisch heiklen Gesprächsausschnittes kam es durch eine Panne beim G20-Gipfel in Cannes Ende der vergangenen Woche. Das Organisationsteam sendete dabei den eigentlich nur für die Übersetzer bestimmten Ton der Unterhaltung auf einem Kanal, der auch von Journalisten verfolgt werden konnte.
Die Mithörer hatten zunächst gemeinsam entschieden, nicht über die eigentlich vertrauliche Unterhaltung zu berichten. Über die französische Website „Arrêt sur images“ fanden die Sätze dann aber doch den Weg an die Öffentlichkeit. Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP wurden sie von mehreren Journalisten bestätigt.
Der ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidat, US-Senator John McCain, fand die Bemerkungen Sarkozys nicht überraschend. „Die Franzosen waren schon immer so“, sagte er dem Fernsehsender Fox. An Obamas Stelle allerdings hätte er wegen der Panne schon einige Mitarbeiter entlassen.
Die Beziehungen zwischen Obama und Netanjahu gelten als schwierig, immer wieder kam es zu Verstimmungen zwischen den beiden. Extrem frostig verlief ein Treffen im März 2010 in Washington wegen des Streits um die israelische Siedlungspolitik - es gab nicht einmal einen Fototermin. Auch vor einem halben Jahr kam es zum offenen Streit. Kühl, ohne jedes Lächeln, präsentierten sich die beiden Männer nach einem Treffen im Weißen Haus der Presse. Lange hing der Haussegen zwischen beiden Staaten nicht mehr so schief.
Der wenig schmeichelhaften Einschätzung Sarkozys war eine Kritik Obamas an Frankreich vorausgegangen. Der US-Präsident hielt demnach Sarkozy vor, die USA mit dem positiven Votum für eine Aufnahme der Palästinenser in die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) überrascht zu haben.
Ärger mit nicht abgeschalteten Mikrofonen hatten vor Sarkozy und Obama schon andere. Der wohl berühmteste Zwischenfall dieser Art war eine Mikrofonprobe des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan vor einer seiner regelmäßigen Radioansprachen. Um Stimme und Anlage zu testen, scherzte er 1984, die USA hätten die Sowjets gerade für „vogelfrei“ erklärt: „Wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung.“ Reagan ahnte nicht, dass dies schon mitgeschnitten wurde.
Zwei Jahre später hörten Reporter, die den Präsidenten im Weißen Haus befragt hatten, beim Hinausgehen gerade noch über die Lautsprecheranlage, wie er ein ärgerliches „Hurensöhne“ („sons of bitches“) vor sich hinmurmelte. Sie hatten ihn mit unangenehmen Fragen gelöchert.
Nicht besser erging es einem seiner Nachfolger: Bei einem Mittagessen am Rande des G8-Gipfels in St. Petersburg Mitte 2006 lästerte George W. Bush bei eingeschalteten Mikrofonen über langatmige Reden, kritisierte den damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan und merkte zum Konflikt zwischen Israel und dem Libanon an, der „Scheiß“ müsse bald beendet werden.
Im Gespräch mit einem Fernsehjournalisten charakterisierte der ehemalige britische Premier John Major euroskeptische Minister als „Bastarde“, sich selbst als „Waschlappen“. Techniker schnitten das Gespräch mit und spielten es der Presse zu.
Auch Prinz Charles' respektlose Bemerkungen über einen BBC-Korrespondenten gingen dank offener Mikrofone um die Welt: „Furchtbar, der Typ“, raunte er seinen Söhnen bei einem Interview zu. „Grässliche Leute, ich kann den nicht ausstehen.“