Schuldenkrise: Neue Opfer für die Troika
Athen will Geldgeber mit neuen Einschnitten überzeugen und führt Praxisgebühr ein.
Athen. „Wir werden es schaffen!“ Regierungschef Antonis Samaras wiederholt diesen Satz gebetsmühlenartig. Er setzt auf seinen neuen Finanzminister Ioannis Stournaras. Der Finanzfachmann hat mit seinem Team ein nach seinen Worten neues, hartes Sparprogramm geschnürt. Damit will er die internationalen Geldgeber überzeugen, die derzeit in Athen die Umsetzung der Reform- und Sparauflagen überprüfen. Um die Finanzen des Staates zu verbessern, soll es erneut an die Renten gehen und an die Gesundheitskosten.
Keiner in dem krisengeschüttelten Land soll danach mehr als 2200 Euro Rente monatlich beziehen, egal wie lange und wie viel er an Beiträgen eingezahlt hat. „Ungerecht für die Oberen, gerecht für die Niedrigverdienenden“, meinte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums, der an den Verhandlungen mit den Sparkontrolleuren der Troika von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) teilnimmt.
Das Land stehe mit dem Rücken zur Wand. Da müssen alle zur Kasse gebeten werden, heißt es. Auch wer krank wird, soll nun noch mehr zahlen: Häufige Arztbesuche sollen sich spürbar im Portemonnaie niederschlagen. Ähnlich wie die deutsche Praxisgebühr sollen nun zehn Euro bezahlt werden — allerdings bei jedem Arztbesuch, sobald die Arztkosten 1500 Euro jährlich übersteigen. Und bei Klinikaufenthalten sollen die Versicherten 15 Prozent der Kosten selbst bezahlen.
Ein enger Mitarbeiter des Finanzministers äußerte sich nach mehrstündigen Beratungen mit den Kontrolleuren der Troika am Donnerstag optimistisch: „Wir sind auf gutem Wege.“ Doch schon oft haben sich die Hoffnungen auf eine schnelle Einigung zerschlagen. Klar ist, dass Griechenland bislang die Reform- und Sparauflagen der Troika nicht wie vorgeschrieben abgearbeitet hat.
Athen ist in Rückstand geraten, weil während des Dauer-Wahlkampfs im Frühjahr fast alle Reform- und Sparvorhaben liegen geblieben sind. Vom Urteil der Troika hängt es letztlich aber ab, ob weitere Milliarden fließen oder das Land demnächst bankrott ist — mit ungewissen Folge für Europa.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist nach Athen gereist, um die Krise mit Samaras zu besprechen. Die neuen Maßnahmen sollen Einsparungen von mehr als 11,5 Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre einbringen.
Auch die Regierung selbst will sparen. Die Minister und Staatssekretäre sollen nach den bisherigen Plänen nicht mehr verdienen als ein einfacher Abgeordneter. Fast alle Ministerien sollen in staatliche Gebäude umziehen, kündigte die Regierung an.
Doch offen ist, ob die Bevölkerung die Einschnitte klaglos hinnimmt. Denn viele müssen schon harte Entbehrungen verkraften.