Schwedische Staatsanwälte wollen Assange in London verhören
Stockholm (dpa) - Im Streit um einen schwedischen Haftbefehl gegen Julian Assange wollen die Staatsanwälte den Wikileaks-Gründer nun doch in London zu Missbrauchsvorwürfen befragen. Das sei nötig, weil einige der Taten, derer er verdächtigt werde, im August 2015 verjährten.
Assanges Anwälte erklärten, der Australier sei froh über die Nachricht, aber zugleich „irritiert“, dass es so lange gedauert habe. Die Anklage hatte ein Verhör in der ecuadorianischen Botschaft zuvor stets mit der Begründung abgelehnt, dass ein Prozess ohnehin in Schweden stattfinden müsse.
In der Botschaft hält sich Assange seit bald drei Jahren auf, um einer Auslieferung zu entgehen. Die Vorwürfe der sexuellen Belästigung an zwei Frauen aus dem Jahr 2010 streitet der Wikileaks-Gründer ab.
Seine Anwälte waren zuletzt bis vor das höchste Gericht Schwedens gezogen, um eine Aufhebung des Haftbefehls zu erreichen. Vor einem Berufungsgericht waren sie mit der Forderung zwar gescheitert. Dieses hatte jedoch bemängelt, dass die Ermittlungen zu einem Stillstand gekommen seien.
„In den letzten zwei Monaten haben wir die Ansichten des Berufungsgerichts erwogen und beraten, wie am besten mit der Ermittlung fortzufahren sei“, erklärte Generalstaatsanwältin Marianne Ny. „Das hat zu der Entscheidung geführt, die ich nun getroffen habe - zu versuchen, eine Erlaubnis für ein Verhör in London zu bekommen.“ Dennoch halte sie eine Befragung in Schweden für sinnvoller.
Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist unverschämt, dass die Staatsanwaltschaft viereinhalb Jahre braucht, um zu dieser Entscheidung zu kommen.“ Er warf den Anklägern Furcht vor einer Niederlage vor dem höchsten schwedischen Gericht vor. „Es wäre sehr wahrscheinlich, dass der Haftbefehl in ein paar Wochen fallen gelassen würde.“
Ny forderte am Freitag außerdem, dass Assange sich zu einer DNA-Probe bereiterklärt. Dem Verhör in der Botschaft muss nach britischem Recht nicht nur der Wikileaks-Gründer selbst zustimmen, sondern auch die Behörden in Großbritannien und Ecuador.