Silvio Berlusconi setzt auf seine Frauen

Die Tochter des Ex-Premiers könnte für seine Partei antreten. In der Öffentlichkeit vertraut der 76-Jährige auf Freundin Francesca.

Rom. Als dem reichsten Mann Italiens die Tränen über die Wangen kullerten, stand nur sie ihm zur Seite. Francesca Pascale nahm ihren Silvio in den Arm, führte den soeben wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft Verurteilten von der illegal aufgestellten Bühne vor seiner römischen Privatresidenz. Hier hatte er sich gerade Luft gemacht über die angebliche Verfolgung durch die Justiz. „Silvio, wir lieben dich“, war auf Transparenten, die aus der Menge ragten, zu lesen. Gegeben wurde das Stück vom perfekten, treuen, gebeutelten Paar. „Sie bringen ihn um“, soll Francesca Pascale nach dem Urteil geschluchzt haben.

Die italienische Öffentlichkeit bekommt ein Rührstück vorgespielt. In der Hauptrolle der mächtigste Medienunternehmer des Landes und immer häufiger sieht man auch die junge Freundin des Straftäters. Fast 50 Jahre trennen Silvio Berlusconi (76) und Francesca Pascale (28).

Die Klatschpresse aus dem Hause Berlusconi stellt die Beziehung als „wahre Liebe“ dar. Das mag stimmen. Pascale habe Silvio regelrecht verfolgt. So stellt es zumindest die Berlusconi-Presse dar. Auffällig ist allerdings, dass die junge Neapolitanerin ausgerechnet dann auf der öffentlichen Bildfläche erschien, als Berlusconi mit dem „Bunga-Bunga“-Skandal Schlagzeilen machte. Wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauchs verurteilte ihn ein Mailänder Gericht deshalb in erster Instanz zu sieben Jahren Haft.

Bei potenziellen Berlusconi-Wählern könnte die Präsenz der jungen Unschuld durchaus einen positiven Effekt haben und kalkuliert sein. Berlusconis politischer Karriere droht das Ende. Jeder zur Schau getragene Akt der Zuneigung könnte sich positiv auswirken.

Für den politischen Part könnte sich Berlusconi der Dienste einer anderen Frau bedienen, seiner 47-jährigen Tochter Marina. „Die Zukunft von Mitte-Rechts“, titelte das Hausblatt „Il Giornale“ vor Tagen über einem Foto der Berlusconi-Erbin und Präsidentin der Familienholding Fininvest. Das US-Magazin Forbes führt sie als eine der einflussreichsten Unternehmerinnen der Welt, sie soll bereits Schulungen für den Eintritt in die Politik bekommen haben.

Erstmals war die Tochter nach dem Urteil bei einer der politischen Besprechungen ihres Vaters anwesend. „Ich wäre begeistert“, sagte die „Il Popolo della Libertà“-Politikerin Daniela Santanchè über Gerüchte, die Tochter könnte im Oktober als Spitzenkandidatin antreten. Das politische Gleichgewicht ist nach dem Steuerbetrugsurteil gegen den Vater nämlich gestört.

Berlusconi, dessen Partei an der Regierung des Linksdemokraten Enrico Letta beteiligt ist, verlangt einen Ausweg, also de facto Straflosigkeit. Sollte ihm dieser Wunsch nicht erfüllt werden, droht er mit dem Ende der Regierung. Dann stünden Neuwahlen im Herbst an, Berlusconi hat bereits die Rückkehr zur Partei „Forza Italia“ verfügt, mit seiner Tochter könnte das Wahlsymbol weiter den Namen „Berlusconi“ tragen. Indirekt behielte der Straftäter Silvio Berlusconi so weiter die Kontrolle.