Neuwahlen drohen Sinn Fein lässt Koalitionsgespräche in Nordirland platzen

Belfast (dpa) - Einen Tag vor Ablauf der Frist für die Regierungsbildung in Nordirland hat die katholisch-republikanische Sinn-Fein-Partei die Gespräche abgebrochen.

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Die Schuld dafür gab sie dem ehemaligen Koalitionspartner, der protestantisch-unionistischen DUP (Democratic Unionist Party), und der britischen Regierung. Nordirland drohen damit zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate Neuwahlen.

„Der Gesprächsprozess ist am Ende“, teilte die nordirische Sinn-Fein-Chefin Michelle O'Neill am Sonntag auf der Parteiwebseite mit. Sinn Fein werde vor Ablauf der Frist (Montag, 17 Uhr MESZ) niemanden für die Posten der Parlamentssprecher oder Minister nominieren. DUP-Chefin Arlene Foster gab den Schwarzen Peter zurück. „Bislang gab es wenig Anzeichen, dass Sinn Fein an einem Abkommen interessiert ist“, sagte sie.

Der irische Außenminister Charlie Flanagan rief beide Seiten auf, vor Ablauf der Frist an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Mit dem anstehenden Beginn der Brexit-Verhandlungen befände sich Nordirland in einer entscheidenden Phase.

Dem Karfreitagsabkommen von 1998 und anderen Abmachungen zufolge müssen die jeweils stärksten Parteien aus beiden konfessionellen Lagern eine Regierungskoalition bilden. Die bisherige Koalition zwischen Sinn Fein und der DUP zerbrach im Januar im Streit über ein aus dem Ruder gelaufenes Förderprogramm für erneuerbare Energien.

Aus den darauf folgenden Wahlen am 2. März war Sinn Fein gestärkt hervorgegangen und konnte bis auf einen Parlamentssitz zur DUP aufschließen. Sollte sich Sinn Fein und DUP nicht doch noch bis zu Ablauf der Frist auf eine Regierungskoalition einigen, drohen Neuwahlen. Medien spekulierten auch, dass London die Kompetenzen der Regionalregierung vorübergehend an sich ziehen könnte.

Für die britische Regierung von Premierministerin May ist die Hängepartie in Nordirland eine Last, die sie nur ungern in die Brexit-Verhandlungen mitnehmen will. Am kommenden Mittwoch will May den geplanten EU-Austritt offiziell machen. Dann tickt die Uhr für die zweijährigen Austrittsverhandlungen.

Eine der kniffligsten Fragen um den Brexit wird die Zukunft der inneririschen Grenze sein. Da Großbritannien den Europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen will, werden Grenzkontrollen zwischen dem britischen Landesteil Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland fast unvermeidbar. Doch das wäre ein herber Rückschlag für den Friedensprozess, der dem Jahrzehntelangen Bürgerkrieg in Nordirland ein Ende gesetzt hat. Eine Lösung dafür zu finden, scheint ohne funktionierende Regierung in Belfast schwierig.