„Sonderinspektion“ für Deutsche Schule in Istanbul

Istanbul (dpa) - Nach dem Verdacht auf Veruntreuung von Geldern in Millionenhöhe hat das Auswärtige Amt eine „Sonderinspektion“ der Deutschen Schule in Istanbul angeordnet. Die Inspektoren würden in der kommenden Woche in die Türkei reisen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.

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Erstmals wurde nun bekannt, um welche Summen es bei dem Veruntreuungsverdacht geht: Der Schaden soll sich auf 1,92 Millionen Euro plus weitere 2,16 Millionen Türkische Lira (nach heutigem Kurs rund 730 000 Euro) belaufen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die der dpa in Istanbul vorliegt.

„Nach bisherigen Erkenntnissen der Bundesregierung fehlen Schulgebühren, die von den Eltern der Schülerinnen und Schüler gezahlt wurden“, heißt es in der Antwort weiter. „Öffentliche Mittel im Rahmen der Förderung für Deutsche Auslandsschulen sind davon nach derzeitiger Kenntnis nicht betroffen.“ Die Sonderinspektion soll nach den Angaben aus dem Ministerium allerdings Vorgänge an der Schule aufklären, „soweit sie mit öffentlichen Geldern aus Deutschland in Zusammenhang stehen“. Unklar ist, ob damit noch weitere Vorfälle neben dem Veruntreuungsverdacht gemeint sind.

Wegen der Veruntreuungsvorwürfe habe das Generalkonsulat in Istanbul Strafanzeige „gegen alle möglicherweise in Betracht kommenden Beteiligten“ gestellt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Grünen-Anfrage weiter. Der Vertreter des Generalkonsulats im Schulvorstand gehöre nicht zu den Verdächtigen. Die Ermittlungen der türkischen Justiz seien noch nicht abgeschlossen.

Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour - der die Anfrage an die Bundesregierung mit initiiert hatte - sagte mit Blick auf die geplante Sonderinspektion: „Gut, dass da endlich Bewegung reinkommt und sich das Auswärtige Amt einschaltet, um aufzuräumen. Die Frage ist nur: Warum nicht gleich so?“ Nouripour fügte hinzu: „Wir werden das weiterhin minuziös verfolgen.“

Die Veruntreuungsvorwürfe sind intern bereits seit 2013 bekannt, weder die Schule noch das Auswärtige Amt hatten sie aber öffentlich gemacht. Die Grünen hatten nach einem dpa-Bericht über den Verdacht im vergangenen Monat Aufklärung von der Bundesregierung gefordert.

Deutsche Lehrer an der Schule berichten auch über Unregelmäßigkeiten in jüngerer Zeit. Demnach wurden am letzten Schultag vor den Sommerferien Beträge in Höhe von 1800 Lira bis 8700 Lira (rund 600 bis 2930 Euro) auf die Lehrerkonten überwiesen, die von der Schulverwaltung als Fehlbuchung deklariert wurden. Lehrer berichteten, sie seien von der Verwaltung telefonisch aufgefordert worden, das Geld an die Schule zurückzuzahlen - in bar.

Nach dem internen Bekanntwerden der Veruntreuungsvorwürfe wurde 2013 ein neuer Vorstand der Schule gewählt, die zu den renommiertesten in der Türkei gehört. Der Schulvorstand wird aus dem Verein zum Betrieb der Deutschen Schule Istanbul gewählt. Der 1933 gegründete Verein steht - entgegen der gängigen Praxis an deutschen Auslandsschulen - nicht automatisch allen Eltern offen. Nach der Satzung, die der dpa vorliegt, entscheidet der Vereinsvorstand über Mitgliedsanträge. Mehrere Eltern berichteten, ihre Anträge seien nie beantwortet worden.