Politkrise in Ostafrika Spiel mit dem Feuer: Kehrt Kenia der Demokratie den Rücken?
Nairobi (dpa) - Fernsehsender werden abgeschaltet, Journalisten eingeschüchtert und Oppositionelle festgenommen: Das Tauziehen zwischen Präsident Uhuru Kenyatta und Oppositionsführer Raila Odinga hat Kenias Demokratie in der vergangenen Woche in eine gefährliche Krise gestürzt.
Eine Woche nach der Selbsternennung Odingas zum „Präsident des Volkes“ war am Mittwoch noch immer einer der größten Privatsender des Landes abgeschaltet. Beobachter fragen sich besorgt, ob Kenia in Richtung eines Polizeistaats schlittert.
Seit Monaten ist die Lage in dem ostafrikanischen Land angespannt. Aus der Präsidentenwahl im August ging Amtsinhaber Kenyatta als Sieger hervor. Die Abstimmung wurde jedoch vom Obersten Gericht annulliert, was zunächst als Sternstunde der Demokratie gefeiert wurde. Doch die Euphorie verflog schnell, als die Opposition die zweite Wahl im Oktober boykottierte. Kenyatta gewann diese mit mehr als 98 Prozent, die Wahlbeteiligung lag bei nur knapp 39 Prozent.
Kenyatta machte keine Anstalten, das Gespräch mit der Opposition zu suchen und die Krise zu entschärfen, wie Beobachter kritisierten. Auch der 73-jährige Odinga, der sich 2017 zum vierten Mal um das höchste Amt im Land bemühte, wollte nicht nachgeben und ließ sich vor Tausenden Unterstützern in Nairobi vergangenen Dienstag zum „Präsident des Volkes“ vereidigen.
„Die beste Art, mit der 'Vereidigung' Odingas umzugehen, wäre gewesen, sie zu ignorieren“, schreibt der Kommentator Ken Opalo. Denn rechtlich und politisch hatte sie keine wirkliche Bedeutung. Doch die Regierung tat das Gegenteil: Nachdem sich einige Medienhäuser einer Bitte der Regierung widersetzten und das Ereignis live übertragen wollten, ließ diese die Sender NTV, KTN News und Citizen TV abschalten. Trotz eines Gerichtsentscheids wurden zwei der drei Sender erst am Montag wieder angeschaltet.
Der Innenminister stufte die Versammlung als rechtswidrig ein und erklärte eine von Odinga mitgegründete Bewegung zu einer kriminellen Vereinigung. Drei Oppositionelle wurden bislang festgenommen. Indem der Innenminister „so um sich schlägt, gießt er Öl ins Feuer und festigt den Ruf Kenyattas als wankelmütigen Amtsinhaber, der sich stets über seine eigene Legitimität unsicher ist“, schreibt Opalo. Das harte Durchgreifen gegen Opposition und Medien ist aus einigen Ländern Afrikas bekannt, nicht aber aus Kenia. Das Land gilt als stabile Demokratie und Partner des Westens, etwa im Kampf gegen die islamistische Terrororganisation Al-Shabaab im Nachbarland Somalia.
Im Ausland schrillen die Alarmglocken. Man sei „zutiefst besorgt“ über das Handeln der Regierung, „Medien zu schließen, einzuschüchtern und zu beschränken“, teilten die USA mit. Das UN-Menschenrechtsbüro rief die Regierung auf, Gerichtsentscheidungen zu respektieren und umzusetzen. Die Menschenrechtslage drohe sich immer weiter zu verschlechtern, warnt Otsieno Namwaya von Human Rights Watch. „Präsident Kenyatta muss diesen Trend dringend rückgängig machen.“