Nach diplomatischem Eklat Steinmeiers diplomatischer Drahtseilakt in Israel
Jerusalem (dpa) - Zwei Wochen nach einem diplomatischen Eklat zwischen Deutschland und Israel haben sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Regierungschef Benjamin Netanjahu versöhnlich gezeigt.
Bei einem Treffen in Jerusalem sprach Steinmeier von einem starken Bündnis zwischen den beiden Ländern. „Auf der Basis unserer Freundschaft denke ich, dass wir einige Stürme wie in den letzten beiden Wochen überstehen können und sollten“, sagte Steinmeier zu Netanjahu. „Ich bin sicher, dass wir das können“, antwortete Netanjahu.
Beide bezogen sich auf den Eklat beim Besuch von Außenminister Sigmar Gabriel vor zwei Wochen. Netanjahu hatte ein geplantes Gespräch absagt, weil Gabriel regierungskritische Organisationen getroffen hatte.
Steinmeier hatte die jüngste Zuspitzung in den bilateralen Beziehungen vor dem Treffen mit Netanjahu kritisiert. „Wir brauchen keine neuen Regeln, wir sollten uns auch keine Beschränkungen auferlegen.“ Notwendig sei ein „ehrlicher und offener Dialog“, sagte er bei einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin. „Das einzigartige Verhältnis unser beiden Staaten ist zu wichtig, um es alleine an der Frage zu messen, wer legitime Gesprächspartner sind oder sein sollten.“
Netanjahu hieß Steinmeier herzlich willkommen und sagte: „Wir haben eine einzigartige Partnerschaft, ein einzigartiges Bündnis.“ Basis sei die besondere Geschichte. „Sie wissen, dass ich ein Freund Israels bin“, sagte Steinmeier.
Mit den regierungskritischen Organisationen Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) und Betselem, deren Zusammenkunft mit Gabriel den Eklat ausgelöst hatte, traf sich Steinmeier nicht. Zum Auftakt seiner Gespräche in Israel kam er aber in Jerusalem mit dem Schriftsteller David Grossman zusammen, der als Kritiker der israelischen Siedlungspolitik gilt.
Rivlin bezeichnete Steinmeier als „echten Freund Israels“, der in Jerusalem sehr willkommen sei. Steinmeiers Visite, aber auch die jüngsten Besuche seines Vorgängers Joachim Gauck sowie Gabriels bewiesen, „dass gerade aus der traumatischen Vergangenheit, die nie vergessen werden wird, eine respektvolle und besondere Beziehung zwischen Deutschland und Israel gewachsen ist“.
Steinmeier bekräftigte die Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten. Damit ist gemeint, dass neben Israel ein demokratischer und entmilitarisierter Palästinenserstaat entsteht. Dies sei die „immer noch einzig denkbare Perspektive“, auf die hingearbeitet werden müsse. „Andere Lösungen stehen nicht zur Verfügung.“ Der gegenwärtige Status quo ohne einen unabhängigen Palästinenserstaat vermittle nur trügerische Sicherheit. Steinmeier, der von seiner Frau Elke Büdenbender begleitet wird, besucht am Dienstag auch die palästinensischen Autonomiegebiete.
„Wir würden gerne die Gelegenheit zum Frieden ergreifen“, sagte Netanjahu bei dem Treffen mit Steinmeier. Dazu sei es allerdings notwendig, die Kinder zum Frieden zu erziehen. Israel tue dies bereits, die Palästinenser aber noch nicht. Er forderte in dem Zusammenhang internationalen Druck auf die Palästinenser.
Der UN-Sicherheitsrat hatte im Dezember einen vollständigen Siedlungsstopp Israels gefordert. Schon jetzt leben rund 600 000 Israelis in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem. Israelische Siedlungen seien ein großes Hindernis für einen gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden, heißt es in der UN-Resolution.
Bei einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erinnerte Steinmeier an die historische Verantwortung Deutschlands. „Unfassbare Schuld haben wir Deutsche auf uns geladen“, schrieb er ins Gästebuch. „In Verantwortung für das, was geschehen ist, stehen wir fest an der Seite Israels und arbeiten für eine gemeinsame Zukunft.“ Zuvor hatte Steinmeier die Gräber des ehemaligen Präsidenten Schimon Peres und des 1995 ermordeten Ministerpräsidenten Izchak Rabin auf dem nahegelegenen Herzlberg besucht.