Steinmeiers Ritt auf der Rasierklinge

Bundesaußenminister besucht mit französischem Kollegen Moldawien und Georgien. Dort wächst die Angst vor Russland.

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Chisinau. Vor dem Regierungsgebäude in Chisinau hängen Plakate: „Eine europäische Zukunft für Moldawien“ steht darauf. Die ist in der kleinen Republik zwischen Rumänien und der Ukraine gerade sehr nah und sehr fern zugleich. Ab Montag dürfen die rund drei Millionen Moldawier visafrei in die EU reisen, das Assoziierungsabkommen mit der EU und ein Freihandelsabkommen stehen kurz vor Unterzeichnung. Doch gleichzeitig hat das Parlament der abtrünnigen Teil-Republik Transnistrien beschlossen, dass der Landstrich mit seiner russischen Mehrheit genau wie die Krim auch an Russland angeschlossen werden will. Moskau hat dort 1500 Soldaten stationiert.

Wenn in dieser Situation die Außenminister Frankreichs und Deutschlands gemeinsam anreisen, dann ist das ein Signal. Laurent Fabius und Frank-Walter Steinmeier wollen die europäische Perspektive der Länder in der Peripherie der EU wachhalten. Zugleich aber betonen beide, dass sich diese europäische Perspektive „gegen niemanden“ richte. „Wir steigen nicht ein in ein geostrategisches Spiel um Einflusssphären“, sagt Steinmeier. Und, dritte Botschaft, beide verlangen von Moskau, die territoriale Integrität der Länder zu respektieren. Keine Wiederholung des „Krim-Szenarios“.

Dann geht es weiter nach Georgien, wo gleich zwei Landesteile faktisch bereits von Russland abgespalten worden sind: Abchasien und Südossetien. In Tiflis ist die Regierung stabiler und die Orientierung auf den Westen viel stärker. Inklusive Nato-Beitrittswunsch. Doch dafür sei die Lage zu instabil. Schon jetzt, schildern die georgischen Regierungsvertreter, gibt es militärische Aktionen der Russen an der „Grenze“ zu Südossetien.

Die Reise des deutsch-französischen Duos ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Anfang März hatte sie ursprünglich schon stattfinden sollen, doch dann kam die Krim-Annexion dazwischen. Und auch diesmal lassen sich die beiden Minister ständig über die brenzlige Lage in der Ostukraine informieren. Was will Russland? Das ist eines der Hauptthemen bei den Gesprächen in Moskaus Hinterhof. Im Moment gibt es keine Anzeichen, dass Putin auch woanders das „Krim-Szenario“ nachspielen will. Aber sicher ist sich niemand. Moskau spielt mit dem Westen ein Machtspiel, täglich neu, so der Eindruck der Diplomaten. Womöglich ohne klares Ziel.

Bei den pro-europäisch gesinnten Menschen der Region müssen die beiden Minister die Hoffnungen im Moment deshalb dämpfen. Was es bedeute, will eine moldawische Journalistin wissen, wenn Steinmeier sage, die Türen zur EU blieben offen. „Bitte eine Antwort, die jeder Bürger hier verstehen kann.“ Es kommen dann doch eher komplizierte Antworten. Steinmeier spricht von einem langen Weg, den das Land noch vor sich habe. In Georgien redet er ähnlich.