Stoltenberg-Regierung in Norwegen ohne Mehrheit

Oslo (dpa) - Bei der Parlamentswahl in Norwegen deutet sich eine Wahlniederlage für die rot-rot-grüne Regierung von Ministerpräsident Jens Stoltenberg an.

Einer ersten Prognose nach Schließung der Wahllokale zufolge hätte seine konservative Herausforderin Erna Solberg eine Mehrheit für eine bürgerliche Regierung.

Stoltenberg ist seit 2005 Ministerpräsident. Die rechtspopulistische Fortschrittspartei ist im neuen Parlament stark vertreten. Der verurteilte Massenmörder Anders Behring Breivik war in seiner Jugend bei den Rechtspopulisten aktiv.

Für eine Mehrheit sind im norwegischen Parlament 85 Mandate nötig. Stoltenbergs Koalition aus Arbeiterpartei, Sozialistischer Linkspartei und Zentrumspartei lag nach verschiedenen Prognosen am Montagabend bei etwa 74 Sitzen im norwegischen Storting. Solbergs angestrebtes Bündnis konnte demnach mit 93 bis 95 Sitzen rechnen.

Stoltenbergs Sozialdemokraten bleiben mit etwa 30 Prozent der Stimmen zwar stärkste Partei. Doch es fehlen ihr die Koalitionspartner. Zweitstärkste Partei ist Solbergs Høyre mit etwa 26 Prozent. Mit einem offizielle Auszählungsergebnis wurde für die Nacht zu Dienstag gerechnet.

Die rechtspopulistische Fortschrittspartei lag bei etwa 16 Prozent. Die Partei hatte nach Breiviks Terroranschlägen im Juli 2011 an Zuspruch verloren. Jetzt könnte sie unter Solberg sogar zum ersten Mal an der Regierung beteiligt werden. Die Rechtspopulisten fordern eine Begrenzung der Einwanderung und haben den Wählern höhere Zahlungen aus dem durch Öleinnahmen finanzierten Pensionsfonds versprochen.

Høyre-Chefin Solberg will am liebsten mit allen drei anderen Parteien aus dem bürgerlichen Lager - der Christlichen Partei, der liberalen Venstre und der Fortschrittspartei - eine Regierung bilden. Doch die Rechtspopulisten und die Christen liegen in ihren Ansichten weit auseinander. Deshalb war nach der Wahl zunächst unklar, wie eine zukünftige bürgerliche Regierung aussehen könnte. Am Freitag will Solberg zunächst mit ihrer eigenen Partei beraten. Erst danach werde sie mit den anderen Parteien verhandeln.

Stoltenberg kündigte an, dass „eine starke Arbeiterpartei immer bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen“, falls die Opposition es nicht schaffen sollte, eine Koalition zu bilden.

Ministerpräsident „Jens“ und seine Sozialdemokraten sind beim Volk ausgesprochen beliebt. Als Landesvater hat sich Stoltenberg nach den Breivik-Anschlägen und während der Finanzkrise nach Ansicht vieler Norweger bewährt. Norwegens Wirtschaft ist unter ihm kerngesund, dank seiner gigantischen Öl-Einnahmen gilt das Land als eines der reichsten der Welt. Dazu liegt die Arbeitslosenquote bei nur 3,3 Prozent.