Straßenschlachten in Bangkok eskalieren
Bangkok (dpa) - Im Kampf um die Macht in Thailand haben sich Demonstranten und Sicherheitskräfte stundenlange Straßenschlachten geliefert. Wieder flogen Steine und Brandsätze, die Sicherheitskräfte schossen Tränengaspatronen in die Menge.
Nach Angaben von Fotografen feuerten Polizisten auch mit Gummigeschossen auf die Demonstranten.
Der Anführer der Regierungsgegner blies trotz der Eskalation zu einem neuen Sturm: Suthep Thaugsuban rief seine Anhänger auf, am Dienstag die Polizeizentrale zu stürmen.
Die Polizei verteidigte den mit zentnerschweren Betonblöcken verbarrikadierten Regierungssitz. Über das Regierungsviertel zogen dicke Tränengasschwaden. Hotel- und Einkaufsviertel der 10-Millionen-Metropole waren allerdings nicht betroffen. Auch an der Polizeizentrale kam es zu einem Schlagabtausch zwischen Demonstranten und Polizisten.
Ein Gericht stellte einen Haftbefehl gegen Suthep wegen Anzettelung einer Revolte aus. Ein Haftbefehl aus der vergangenen Woche wegen Eindringens in Staatseinrichtungen wurde bislang nicht vollstreckt. Suthep tritt inzwischen nur noch umringt von Bodyguards auf.
Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra bot in einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz erneut einen Dialog zur Beendigung der Krise an. Ihr Vorstoß wirkte nach einem Gespräch mit Suthep aber hilflos. „Wir weisen seine Forderungen nicht zurück, aber wir wissen nicht, wie wir sie umsetzen sollen“, sagte sie. Suthep will nicht nur den Sturz der Regierung, sondern eine völlig neue Regierungsstruktur.
Er verlangt ein „Volkskomitee“, das die Regierungsgeschäfte übernehmen und vor Neuwahlen eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Die Einzelheiten sind unklar. Suthep hat dafür 37 Männer bestimmt und sich selbst zum Generalsekretär ernannt.
„Die Regierung hofft, dass Sutheps Anhänger irgendwann aufgeben“, sagte Politologe Chaiyan Rajchakool von der Ubon Ratchathani- Universität. „Sie glaubt, sie werden mit der Zeit ermüden. So sah es am Montag nicht aus.
Nach dem Krawallwochenende mit mindestens drei Toten versuchten Angreifer erneut, die Barrikaden mit Rammböcken niederzureißen. Die Straßen sahen aus wie ein Schlachtfeld, überall lagen Demonstranten am Boden, klagten über tränende Augen und Brechreiz. Ein Mönch mit Gasmaske half einigen, die Chemikalien mit Wasser aus dem Gesicht zu waschen.
Soldaten waren mit Tragen zur Bergung von Verletzten im Einsatz. Die Demonstranten kaperten einen Polizeitransporter und positionierten ihn als Schutzschild gegen den Tränengas- und Wasserwerfer-Beschuss. Jemand hatte mit Farbe „Fuck you“ darauf gesprüht.
Auslöser der Straßenproteste war ein umstrittenes Amnestiegesetz. Es hätte dem 2006 vom Militär gestürzten Bruder der Regierungschefin, Thaksin Shinawatra, die Rückkehr nach Thailand als unbescholtener Bürger ermöglicht. Er war wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, flüchtete aber ins Exil. Nach einem ersten Proteststurm scheiterte das Gesetz in der zweiten Parlamentskammer. Aber für die Regierungskritiker hat die Sache das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie werfen der Führung Verschwendung von Steuergeldern und eine Politik zur Förderung persönlicher Interessen vor.
„Die Menschen haben eine Demokratie satt, die korrupte Politiker hervorbringt - wie Thaksin“, sagte Thitinan Pongsudhirak, Direktor des thailändischen Instituts für Sicherheit und Internationale Studien (ISIS). „Aber was sie genau wollen, darüber machen sie sich auch jetzt erst Gedanken.“