Südafrika bangt um Nelson Mandela
Das ganze Land ist aufgewühlt: Der Nationalheld (94) ringt mit dem Tod. Am Freitag wird US-Präsident Obama erwartet.
Pretoria. „Viva Mandela!“ — „Es lebe Mandela“ singen tanzend die bunt gekleideten Frauen vor dem Krankenhaus in Pretoria. Kinder bringen selbstgemalte Bilder, Teddybären, Puppen und Luftballons, andere Besucher legen Blumensträuße nieder, stellen Grußkarten auf. Die streng bewachte Klinik wird immer mehr zum Wallfahrtsort. Hinter den Krankenhausmauern ringt Nationalheld Nelson Mandela (94) mit dem Tod.
Nachts brennen vor der teilweise abgeriegelten Klinik Kerzen, oft wird gemeinsam gebetet. Tagsüber wird viel gesungen, vor allem die traditionellen Lieder der früheren Freiheitsbewegung ANC, der heutigen Regierungspartei.
Alle preisen die Verdienste des schwer kranken Ex-Präsidenten. Ein reicher Geschäftsmann hatte am Dienstag sogar 100 weiße Tauben in den Himmel aufsteigen lassen. Als Anerkennung für die Versöhnungsarbeit des Vaters der südafrikanischen Demokratie.
Ganz Südafrika ist aufgewühlt. Ob in Büros, Betrieben oder Amtsstuben, in den schäbigen Hütten von Townships wie Khayelitsha oder den luxuriösen Villen in Camps Bay oder Constantia: Überall laufen ständig Radios und Fernseher, alle verfolgen gebannt die Nachrichten.
Allerorten wird über das Drama um den großen alten Mann Südafrikas diskutiert. „Lasst ihn doch endlich in Würde sterben“, sagt die Geschäftsfrau Glini Le Roux in Kapstadt. Sie formuliert, was viele in diesen Tagen denken.
Mandelas Kampf beeinflusst zunehmend das öffentliche Leben. Südafrikas Politiker werfen derzeit alle Pläne um, wie Parteifunktionäre berichten. Nachdem Präsident Jacob Zuma am Mittwochabend an das Krankenbett Mandelas geeilt war, kündigte er seinen Verzicht auf die Teilnahme an einem regionalen Gipfeltreffen in Mosambik an.
Viele werteten das als Zeichen dafür, dass es nun ernst werde, Mandela im Sterben liege. Am Donnerstag dann die Überraschung: bei seinem zweiten Besuch binnen 24 Stunden berichtete Zuma von einer Verbesserung des Zustands.
Das Thema überschattet auch den Besuch von US-Präsident Barack Obama, der am Freitag mit einem Tross von über 1000 Personen in Johannesburg erwartet wird. „Die US-Diplomaten hier sind völlig aufgelöst“, berichtet ein Amerikaner angesichts der enormen Probleme, die beim Tod Mandelas und der anschließenden Staatstrauer entstünden.
Einig sind sich alle, dass das normale Programm mit Besuchen in Soweto, akademischen Ehrungen in Johannesburg oder die geplante Grundsatzrede in Kapstadt kaum umgesetzt werden könnte.