Syrien akzeptiert Friedensplan
Peking/Istanbul (dpa) - Die syrische Regierung hat den Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan akzeptiert. Nach Gesprächen mit der chinesischen Führung in Peking begrüßte Annan am Dienstag vor Journalisten in Peking die „positive“ Antwort der syrischen Führung.
Auch China habe seine „volle Unterstützung“ angeboten. Peking wolle mit ihm und den anderen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates zusammenarbeiten, um den Sechs-Punkte-Plan jetzt umzusetzen, sagte Annan.
Der Plan beinhaltet einen sofortigen Waffenstillstand zwischen den beteiligten Parteien, den Abzug schwerer Waffen aus Wohngebieten und humanitäre Hilfe für die Bevölkerung. Die syrische Opposition glaubt jedoch nicht an ein schnelles Ende des Blutvergießens. Von der syrischen Regierung lag zunächst keine Stellungnahme zur Annahme des Plans vor. Nach Angaben des UN-Nahostexperte Richard Serry hat die brutale Unterdrückung von Protesten gegen das Assad-Regime seit März 2011 bereits 9000 Zivilisten das Leben gekostet.
Für Annan gibt es nach Angaben seines Sprechers nun einen „ersten wichtigen Schritt, der die Gewalt und das Blutvergießen beenden könnte“. Auch könnten die Leidenden Hilfe bekommen. Es könnte ein Klima für einen politischen Dialog geschaffen werden, um die legitimen Wünsche des syrischen Volkes zu erfüllen. Annan will den UN-Sicherheitsrat nächste Woche hinter verschlossenen Türen über seine Bemühungen um ein Ende der Gewalt aufklären.
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete zunächst nicht darüber von dem Plan. Stattdessen meldete sie einen Besuch von Präsident Baschar al-Assad in der einstigen Protesthochburg Baba Amro, die in der vom Militär seit Monaten belagerten Stadt Homs liegt. Die sogenannten Revolutionskomitees meldeten, Assad habe seinen Besuch in Homs abkürzen müssen, nachdem sein Konvoi dort beschossen worden sei.
Bei der syrischen Opposition stößt die Zustimmung des Regimes zu Annans Friedensplan auf Skepsis. „Natürlich besteht das Risiko, dass das Regime wieder versuchen wird, die Verpflichtungen aus dem Friedensplan zu umgehen“, sagte die Sprecherin des Syrischen Nationalrates (SNC), Basma Kadhmani, der Nachrichtenagentur dpa in Istanbul. Dort berieten die Vertreter der wichtigsten Oppositionsgruppen über ihre Strategie im Widerstand gegen das Regime von Assad.
„Aber wir nehmen das trotzdem ernst, denn wenn sie (die syrische Führung) sich nicht daran hält, dann wird es Druck vom wichtigsten Partner Russland geben“, sagte die Sprecherin. „Das wäre ein wichtiger Fortschritt.“ Eine Unterbrechung der Kämpfe, wenn auch nur vorübergehend, könnte vor allem den Menschen zugutekommen. „Eine Waffenruhe von zwei Stunden täglich würde schon sehr helfen.“
Chinas Regierungschef Wen Jiabao sicherte Annan Unterstützung zu. Mit den Vermittlungsbemühungen des ehemaligen UN-Generalsekretärs sei eine „gerechte, friedliche und angemessene“ Lösung des Konflikts möglich, zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua den Premier. China war in den vergangenen Wochen wie Russland schwer unter Druck geraten, weil sie als Veto-Mächte im Weltsicherheitsrat zwei Resolutionen gegen das Regime in Syrien verhindert hatten.
Der Iran sagte der syrischen Führung volle Unterstützung zu. Er sei davon überzeugt, dass Assad die notwendigen Reformen längst eingeleitet habe, sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad laut Nachrichtenagentur Irna im Gespräch mit einem Sonderbevollmächtigten Assads.
Die Kämpfe gingen in Syrien unterdessen weiter. In Vororten der Hauptstadt Damaskus lieferten sich Armee und Einheiten der Rebellen am Dienstag schwere Gefechte. Syrische Aktivisten berichteten landesweit von mindestens 28 Toten, unter ihnen sechs Soldaten und sechs Menschen, die an den Folgen von Folterungen starben. Auch auf dem Gebiet des Nachbarlandes Libanon soll es zu Zusammenstößen zwischen Assad-Truppen und Regimegegnern gekommen sein.
Bei dem Treffen in Istanbul einigten sich Oppositionsgruppen auf einen Minimalkonsens für die Zeit nach Assad. Sie betont darin ihre Unterstützung für die Deserteure der Freien Syrischen Armee und forderte die Einrichtung einer militärisch gesicherten Schutzzone. In einer Vereinbarung, die allerdings von einigen kurdischen Gruppen und anderen Persönlichkeiten der Szene nicht akzeptiert wurde, kündigen die Gegner Assads an, dass sie gleich nach dem Sturz des Regimes eine Übergangsregierung bilden wollen, die Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Versammlung vorbereiten soll.