Syrische Armee rückt in Grenzstadt Tel Kalach ein
Damaskus/Kairo (dpa) - Die syrische Armee ist am Samstag in die an der Grenze zum Libanon gelegene Kleinstadt Tel Kalach eingerückt. Der Ort wurde abgesperrt, Schüsse fielen, mindestens vier Menschen wurden getötet, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira.
Einer der Getöteten starb in einem libanesischen Krankenhaus, nachdem ihn Angehörige mit schweren Schussverletzungen über die Grenze gebracht hatten. Aus Tel Kalach waren schon in den vergangenen Tagen rund 1000 Bewohner über den Grenzfluss Kabir in den Libanon geflohen.
In der Provinzhauptstadt Homs nahmen am Samstag rund 8000 Menschen am Begräbnis von Demonstranten teil, die dort am Vortag getötet worden waren, meldete Al-Dschasira unter Berufung auf Augenzeugen. Wegen der Menschenmenge musste die Armee sogar einige Straßensperren entfernen. Zunächst wurden keine Übergriffe der Sicherheitskräfte bekannt.
Am Freitag waren in Syrien bei neuen Protesten gegen das Regime acht Demonstranten getötet worden, teilten Aktivisten mit. Seit Beginn der Massenkundgebungen am 15. März sind nach ihren Angaben mindestens 750 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Demonstranten. Aber auch Polizisten und Sicherheitskräfte kamen ums Leben.
Das Regime in Damaskus stellt die Revolte als einen von syrien-feindlichen Kräften im Ausland gesteuerten Umsturzversuch dar. Die Medien ignorieren die großen friedlichen Demonstrationen und die Gewalt der Sicherheitskräfte. Stattdessen wird nur von deren angeblichem Kampf gegen „kriminelle Banden“ und „Terroristen“ berichtet.
Nach einer massiven Verhaftungswelle in den vergangenen zwei Wochen, bei der tausende mutmaßliche Regimegegner verschleppt wurden, versuchen die Regime-Medien den Eindruck von Normalität zu erwecken. Bilder im staatlichen Fernsehen zeigten am Samstag Soldaten, die von „dankbaren“ Bewohnern mit Reis und Blumen beworfen wurden.
Informationsminister Adnan Mahmud erklärte am Freitag, die Regierung wolle demnächst einen „nationalen Dialog in allen Bezirken des Landes“ führen. Die Führung arbeite an einem „umfassenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformprogramm“, fügte er hinzu. Regimegegner bezweifelten die Ernsthaftigkeit der Ankündigung.