Syrische Jungen und Männer in der Heimat und im Ausland Opfer sexueller Gewalt

Ein neuer Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks dokumentiert zahlreiche Fälle.

Ungewisse Zukunft. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist fast die Hälfte aller Syrer wegen der Gewalt auf der Flucht oder aus den Heimatorten vertrieben worden. Auf der Flucht im Ausland hört die Gewalt dem UNHCR zufolge aber nicht auf.

Foto: Mauricio Morales

Beirut. Jungen und Männer aus Syrien werden nach Angaben der Vereinten Nationen in ihrer vom Bürgerkrieg heimgesuchten Heimat und als Flüchtlinge im Ausland Opfer sexueller Gewalt. Seit dem Beginn des bewaffneten Konflikts im Frühjahr 2011 müssten syrische Jungen und Männer massive sexualisierte Gewalt über sich ergehen lassen, unter anderen in Haftzentren und an Straßensperren der Konfliktparteien, heißt es in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR).

Dazu gehörten Elektroschocks, Verbrennungen mit Zigaretten an den Genitalien und im Analbereich, Kastrationen und Massenvergewaltigungen. Besonders betroffen sind dem Bericht zufolge Schwule, Bi- und Transsexuelle sowie Transgender. Niemandem aus dieser Gruppe bleibe sexuelle Gewalt erspart, zitiert der Bericht den jungen Transgender Masen.

Ahmed, ein in Jordanien befragter Flüchtling, berichtete von seinem Onkel, der nach einigen Monaten in der Haft freikam. "Er erzählte uns - nachdem er vor uns unter Tränen zusammenbrach -, dass es keinen Fleck seines Körpers gibt, der nicht mit einem elektrischen Bohrgerät misshandelt wurde." Der Mann habe nach seiner Freilassung aufgehört zu essen, sei zum Alkoholiker geworden und dann an Nierenversagen gestorben.

Auf der Flucht im Ausland hört die Gewalt dem UNHCR zufolge nicht auf. Syrische Männer und Jungen berichten demnach von Erpressungen, um sie zu sexuellen Beziehungen zu zwingen, und von Ausbeutung durch Arbeitgeber. Nach Angaben der UNO hat die sexuelle Gewalt Auswirkungen auf ganze Familien. Die psychologischen Folgen seien "zutiefst lähmend und destabilisierend".

Von sexueller Gewalt oder sexuellem Missbrauch betroffene Jungen brechen den Angaben zufolge nicht selten die Schule ab, werden - ebenso wie Männer - geschnitten, öffentlich bloßgestellt und sogar mit dem Tod bedroht. Die Opfer befürchten demnach, stigmatisiert zu werden. Bei den Sozialarbeitern fehlt es dem Bericht zufolge häufig an Personal, manchmal nehmen sie die Nöte der Betroffenen auch nicht ernst.

Der UNHCR-Sprecher Andrej Mahecic sagte der Nachrichtenagentur AFP, statt Hilfe anzunehmen, suchten die betroffenen Männer und Jungen oft die "Schuld" bei sich selbst. Dadurch werde der "Mythos" verstärkt, dass es sich um ein seltenes Phänomen handele. Der vorliegende Bericht zeige nun aber das Gegenteil. Für den Bericht wurden 196 Flüchtlinge und 73 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen befragt. bt/mid AFP