Tod von IS-Propagandachef: Experten sehen Schwächung der IS

Istanbul/Berlin (dpa) - Der Tod von IS-Propagandachef Abu Mohammed al-Adnani bedeutet nach Expertenansicht eine deutliche Schwächung für die Extremisten.

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Al-Adnani habe an der Spitze einer kleinen Einheit gestanden, die Terroroperationen in der ganzen Welt geplant habe, unter anderem in Paris und Brüssel, sagte der Terror-Experte der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist eine wichtige Nachricht für Europa, dass der Chef dieser Einheit getötet wurde.“

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte am Dienstagabend im Internet erklärt, ihr Sprecher Al-Adnani sei in der nordsyrischen Provinz Aleppo als „Märtyrer“ ums Leben gekommen, als er Militäroperationen inspiziert habe. Weitere Einzelheiten zu den Umständen seines Todes nannten die Extremisten jedoch nicht.

Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, Kräfte der US-geführten Koalition hätten am Dienstag einen „Präzisionsschlag“ gegen Al-Adnani verübt. „Wir bewerten noch die Folgen des Angriffs, aber Al-Adnanis Beseitigung vom Schlachtfeld würde einen weiteren erheblichen Schlag gegen Isil bedeuten“, sagte Pentagon-Sprecher Peter Cook, der die bei der US-Regierung übliche Bezeichnung Isil für den IS benutzte.

Al-Adnani gehörte zu den berüchtigtsten Namen der Dschihadisten. Bekannt wurde er durch Audiobotschaften im Internet, in denen er den Gegnern des IS mit Angriffen drohte. Al-Adnani war es auch, der im Sommer 2014 das „Kalifat“ des IS ausrief und den dessen Anführer Abu Bakr al-Bagdadi zum „Kalifen“ erklärte. Sympathisanten des Extremisten forderte er zu Attentaten als „einsame Wölfe“ auf.

Der irakische IS-Experte Hischam al-Haschimi erklärte, der Tod Al-Adnanis werde sich auf Operationen im Ausland, die Rekrutierung von Kämpfern und die Finanzierung auswirken. Geschwächt würden die Dschihadisten vor allem in Syrien, wo al-Adnani sich aufhielt.

Steinberg erklärte weiter, der Verlust einer einzelnen Person sei zwar für den IS nicht entscheidend, seit 2014 seien jedoch zahlreiche Führungsmitglieder ums Leben gekommen. „Fast alle, die Rang und Namen hatten, wurden getötet“, sagte er. „Die Nachrücker haben nicht mehr das Format. Es herrscht offensichtlich ein Personalmangel.“

Die Terrorgefahr werde jedoch nur langfristig abnehmen, wenn noch mehr Anführer getötet würden. Wichtiger sei dabei der Verlust von Reisemöglichkeiten für IS-Anhänger, sagte Steinberg. „Dass der IS die nordsyrische Grenzstadt Dscharablus verloren hat, halte ich für einen großen Rückschlag.“ Die türkische Armee und syrische Rebellen hatten Dscharablus vor einer Woche unter Kontrolle gebracht.

Die USA hatten ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar (etwa 4,5 Millionen Euro) auf den Iraker Al-Adnani ausgesetzt. Er soll Ende der 1970er Jahre in Syrien geboren worden sein. Bereits nach dem Sturz des irakischen Langzeitherrschers Saddam Hussein im Jahr 2003 hatte er gegen die US-Soldaten im Land gekämpft.

Die sunnitischen Extremisten haben in den vergangenen Monaten bereits mehrere Anführer verloren. US-Verteidigungsminister Ashton Carter erklärte Ende März, der IS-Vize und Finanzchef Abdul Rahman Mustafa al-Kaduli sei bei einer Militäroperation getötet worden. Der unter seinem Kampfnamen „Omar der Tschetschene“ bekannte Tarkan Batiraschwili wurde rund 120 Kilometer südlich der nordirakischen Stadt Mossul getötet, wie das IS-Sprachrohr Amak im Juli mitteilte.