Streit um US-Einreiseverbot Trump wirft Medien Verschwörung vor
Washington (dpa) - Im erbitterten Rechtsstreit um sein Einreiseverbot versucht US-Präsident Donald Trump nun auch mit scharfer Kritik an Journalisten, seine Position zu untermauen.
Die „sehr, sehr verlogene Presse“ würde in der Berichterstattung über Terrorismus bewusst Vorfälle verschweigen, sagte er am Montagabend vor Vertretern des US-Militärs in Tampa (Florida). „Sie haben ihre Gründe“, ergänzte er, ohne den Vorwurf näher zu erläutern. Trump will mit seiner verschärften Grenzpolitik Terroristen aussperren.
Um den Aussagen des Präsidenten Nachdruck zu verleihen, veröffentlichte das Weiße Haus eine Liste mit 78 Anschlägen gegen den Westen, überwiegend von der Terrormiliz Islamischer Staat inspiriert, von denen die meisten nicht ausreichend Aufmerksamkeit der Medien erhalten hätten. Enthalten sind auch Attentate mit vielen Toten wie die von Paris, Nizza, Orlando, Brüssel oder Berlin, über die Medien weltweit durchaus tagelang sehr groß berichtet hatten.
Kommentatoren in den USA werteten Trumps Äußerungen als Versuch, den Medien vorab eine Mitschuld an möglichen künftigen Terroranschlägen zu geben, weil sie nach seiner Ansicht seine verschärfte Einwanderungspolitik nicht genügend unterstützten.
In ähnlicher Manier hatte der Präsident bereits öffentlich den Bundesrichter James Robart scharf angegriffen, der das Einreiseverbot für Bürger aus sieben islamischen Ländern sowie Flüchtlinge vorerst stoppte. „Wenn etwas passiert, macht ihn und das Gerichtssystem dafür verantwortlich“, schrieb Trump auf Twitter.
Ob Trumps umstrittenes Einreiseverbot wieder in Kraft gesetzt wird, könnte in der Nacht ein Berufungsgericht in San Francisco entscheiden. Es setzte für Dienstag eine Anhörung an. Beide Parteien sollen um 15.00 Uhr (Ortszeit/00.00 Uhr MEZ in der Nacht auf Mittwoch) jeweils 30 Minuten Zeit bekommen, um ihre Argumente telefonisch vorzutragen.
Auf der einen Seite steht das US-Justizministerium, laut dem der Präsident entscheiden kann,, wer einreisen darf und wer nicht. Auf der anderen stehen die Generalstaatsanwälte der gegen den Visa-Stopp klagenden Bundesstaaten Washington und Minnesota, die „erheblichen Schaden“ für ihre Bürger durch Trumps Dekret beklagen.
Es ist wahrscheinlich, dass der Fall am Ende vor dem Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Washington landet.
Die Liste des Weißen Hauses mit den vermeintlich von den Medien zu wenig beachteten Terroranschlägen löste Kritik bei zahlreichen US-Journalisten aus, weil es in den meisten Fällen sehr wohl eine breite Berichterstattung gegeben habe. Zudem sorgte für Spott, dass die Liste zahlreiche Rechtschreibfehler enthält.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wies Trumps Vorwurf als „infame Unterstellung“ zurück. Dafür gebe es keine überprüfbare Faktengrundlage, sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall. Das Washingtoner Papier nennt auch den Messerangriff der 16-jährigen Safia S. auf einen Polizisten in Hannover und die Attentate von Würzburg und Ansbach im vergangenen Jahr.
Auf der Liste fehlen allerdings große Anschläge ohne westliche Opfer, wie etwa ein Selbstmordattentat mit einem Laster in Bagdad, bei dem im vergangenen November mehr als 70 Menschen ums Leben kamen. Auch Gewalt durch Rechtsradikale, etwa der Amoklauf eines Weißen mit neun Toten in einer von Afroamerikanern besuchten Kirche im US-Staat South Carolina im Juni 2015, kommt darin nicht vor.
Trump hatte Ende Januar unter anderem einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus den islamisch geprägten Ländern Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen verfügt. Später setzte Bundesrichter Robart den Erlass aus. Die US-Regierung legte dagegen Berufung ein. Es war unklar, wann das Gericht in San Francisco nach der Anhörung am Dienstag seine Entscheidung treffen wird.
Die Verliererseite hätte dann die Möglichkeit, bis vor den Supreme Court zu ziehen. Das gilt als sehr wahrscheinlich. Dann dürfte es auch um die Frage gehen, ob Trumps Erlass verfassungswidrig ist oder nicht. Die bisherigen gerichtlichen Schritte beziehen sich lediglich darauf, ob die Anordnung umgesetzt werden darf, bevor in der Sache selber entschieden worden ist.