TTIP: Grüne werfen Gabriel Verschleierungstaktik vor
Berlin/Weimar (dpa) - Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) aufgefordert, in den Verhandlungen über die umstrittenen transatlantischen Freihandelsabkommen Ceta und TTIP endlich Farbe zu bekennen.
„Es ist an der Zeit, dass insbesondere die SPD sich das nicht weiter gefallen lässt, was die Bundesregierung da so treibt“, sagte Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur vor der Neujahrs-Klausur der Grünen-Bundestagsfraktion am Mittwoch in Weimar.
Zur Kritik des sogenannten TTIP-Beirats am Kurs Gabriels sagte Hofreiter: „Daran zeigt sich, dass die Strategie des Wirtschaftsministers nicht aufgeht.“ Diese habe offensichtlich darin bestanden, so zu tun, als sei man kritisch gegenüber TTIP und Ceta, in Wirklichkeit aber nichts zu unternehmen. „Der Beirat war ja mehr oder weniger als Feigenblatt gedacht, und diese Strategie geht in der Öffentlichkeit nicht auf“, sagte Hofreiter.
Der vom Wirtschaftsministerium einberufene TTIP-Beirat, dem Verbände und Gewerkschaften angehören, fühlt sich von Gabriel übergangen und forderte von dem SPD-Chef jüngst eine Klarstellung. Das schon ausgehandelte Abkommen mit Kanada (Ceta) und das seit 2013 verhandelte TTIP-Abkommen mit den USA sorgen unter anderem wegen möglicher Schutzklauseln für Konzerne mit Klagemöglichkeiten vor privaten Schiedsgerichten für Unmut. Zudem gibt es Sorge, dass Umwelt- und Verbraucherstandards gesenkt werden.
Nach Hofreiters Worten krankten die TTIP- und Ceta-Verhandlungen von Anfang an an einem unlogischen Punkt. Auf der einen Seite werde erklärt, dass Standards angepasst werden sollen, um den Handel zu erleichtern. Andererseits behaupteten EU-Kommission und Bundesregierung, dass kein Standard abgesenkt werden solle. Wenn dann gefragt werde, ob damit die jeweils höchsten Standards zum Zuge kommen, sei dies wiederum verneint worden. „Das passt nicht.“ Jetzt komme stückweise raus, dass Standards sinken, sagte Hofreiter.
Auf ihrer dreitägigen Klausur wollen die Grünen ein Sofortprogramm für die angestrebte Agrarwende beschließen. In dem Sechs-Punkte-Programm für eine grüne Landwirtschaft und gutes Essen fordern sie unter anderem ein Verbot von Reserveantibiotika in der Massentierhaltung. „Dass diese tonnenweise in der Tiermast eingesetzt werden, ist ein Skandal“, sagte Hofreiter. Mit der Folge, dass Menschen Resistenzen bilden und die geschützten Reserveantibiotika, die in der Humanmedizin eigentlich für schwere Infektionen und den Notfall gedacht sind, nicht mehr wirken.
Hofreiter forderte von der Bundesregierung zugleich ein klares Gesamtkonzept zur Flüchtlingspolitik. „Es reicht nicht mehr, dass Frau Merkel ein paar Worte findet.“ Nötig sei ein Flüchtlingsgipfel, Kommunen müssten stärker vom Bund unterstützt werden. Deutschland sei schon lange ein Einwanderungsland. Die Politik müsse aber jetzt noch deutlicher die Weichen dafür stellen, aus Deutschland ein modernes Einwanderungsland zu machen. Dies betreffe etwa eine schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie eine bessere Integration von Flüchtlingen und Auswanderern in den Arbeitsmarkt.