Türkei lässt gut ausgebildete Syrer nicht in EU ausreisen
Brüssel/Hamburg (dpa) - Mehrere EU-Länder sind nach „Spiegel“-Informationen verärgert, dass die Türkei im Rahmen des Flüchtlingspaktes keine gut ausgebildeten Syrer in die Europäische Union ausreisen lässt.
Statt dessen schicke die Türkei viele „schwere medizinische Fälle oder Flüchtlinge mit sehr niedriger Bildung“, schreibt das Nachrichtenmagazin in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf eine interne EU-Sitzung in Brüssel. Ähnliches habe Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) dem Innenausschuss des Bundestages berichtet.
Auch beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel war das Verhalten der Türkei Thema. Der luxemburgische Minister Jean Asselborn brachte zur Sprache, dass die Türkei Akademikern Ausreisegenehmigungen verweigere, wie ein EU-Diplomat der dpa sagte.
Beim „Spiegel“ heißt es weiter, nach übereinstimmenden Angaben aus Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg habe die Türkei mehrfach bereits erteilte Ausreisegenehmigungen in letzter Minute wieder zurückgezogen, weil Familienväter gut ausgebildete Ingenieure, Ärzte oder Facharbeiter seien. Inzwischen habe die Türkei dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) offiziell mitgeteilt, dass syrische Akademiker nicht mehr über den so genannten 1:1-Mechanismus ausreisen dürfen.
Dieser Mechanismus besagt, dass seit dem 4. April für jeden aus Griechenland zurückgeschickten syrischen Flüchtling ein anderer Syrer legal und direkt aus der Türkei in die EU einreisen darf. Die im Flüchtlingspakt festgelegt Obergrenze liegt derzeit bei 72 000.
Normalerweise entscheidet das UNHCR, wer für ein Umsiedlungsprogramm infrage kommt. Die türkische Regierung habe dagegen durchgesetzt, dass sie die erste Auswahl treffen dürfe, heißt es weiter. Laut „Spiegel“ hat die Türkei dem UNHCR offiziell mitgeteilt, dass syrische Akademiker nicht mehr über den 1:1-Mechanismus ausreisen dürfen. Inoffiziell berichten UNHCR-Mitarbeiter, dass sie die Listen, die ihnen die Türkei vorlege, quasi nur noch abstempelten.