Türkische Offensive vertreibt IS aus syrischer Grenzstadt

Istanbul/Berlin (dpa) - Türkische Truppen und syrische Rebellenkämpfer haben die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus dem strategisch wichtigen Grenzort Dscharablus im Norden Syrien vertrieben.

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Die Freie Syrische Armee habe den Grenzort Dscharablus zurückerobert, sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwochabend nach einem Treffen US-Vizepräsident Joe Biden in Ankara. Verbündete syrische Rebellen kontrollierten alle wichtigen Teile der Stadt.

Mehr als fünf Jahre nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs hatten türkische Truppen erstmals eine solche Bodenoffensive im Nachbarland eingeläutet. Erdogan erklärte, der Militäreinsatz sei „gegen Bedrohungen gerichtet“, die für die Türkei von Terrororganisationen wie dem IS oder der syrischen Kurdenmiliz YPG ausgingen. Bei der Offensive „Schutzschild Euphrat“ dürfte es der Türkei neben der Bekämpfung des IS vor allem darum gehen, einen weiteren Vormarsch syrischer Kurden zu verhindern.

Die USA haben nach eigenen Angaben an der Spitze der internationalen Anti-IS-Koalition die türkische Armee und syrische Rebellen bei der Rückeroberung von Dscharablus unterstützt. „Die Anti-IS-Koalition hat in Unterstützung türkischer Anti-IS-Operationen und syrischer Oppositionskräfte am heutigen Tag Luftschläge ausgeführt, um den IS aus Dscharablus zu vertreiben“, teilte das US-Verteidigungsministerium mit.

Die Gegend um Dscharablus ist ein wichtiges Schlupfloch - IS-Kämpfer überwinden dort die türkisch-syrische Grenze. Die USA hätten die Türkei bereits seit langer Zeit ermutigt, die Grenze zu schließen, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses in Washington. Beim letztjährigen G20-Gipfel hätten sich bereits Präsident Barack Obama und Erdogan darüber verständigt.

Der US-Sprecher betonte die Rolle der Kurden bei der Befreiung der türkisch-syrischen Grenze, die „wichtige Beiträge“ geleistet hätten. US-Vizepräsident Biden hatte die kurdischen Truppen aufgefordert, nicht weiter nach Dscharablus vorzurücken, sondern sich nach Osten zurückziehen. Die Türkei befürchtet, dass die kurdischen Kräfte den Anti-IS-Einsatz als Gelegenheit nutzen, um im Norden Syriens einen Kurdenstaat zu errichten, den Ankara als „nicht akzeptabel“ einstuft.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, fordert wegen des Besuchsverbots für deutsche Abgeordnete den Abzug der deutschen „Tornado“-Jets von der Luftwaffen-Basis im türkischen Incirlik. „Die Bundesregierung muss jetzt umgehend andere Standorte für die deutschen Soldaten abklären“, sagte Arnold dem „Spiegel“ laut einem Vorab-Bericht des Magazins.

Eine Verlängerung des Bundestagsmandats für den Einsatz der Bundeswehr in der Türkei im Rahmen der internationalen Koalition gegen den IS hält Arnold wegen des Besuchsverbots für „ausgeschlossen“. Die Türkei lehnt Besuche deutscher Abgeordneter seit der vom Bundestag im Juni beschlossenen Armenier-Resolution ab. Das Parlament hatte die Massaker im Osmanischen Reich damals erstmals als Völkermord bezeichnet.

Nach „Spiegel“-Informationen bereitet sich die Bundeswehr bereits für einen möglichen Abzug vor. Derzeit werde geprüft, ob die „Tornados“ und die Tankflugzeuge von der Türkei nach Jordanien oder nach Zypern verlegt werden können. Das Verteidigungsministerium wollte zu den internen Planungen keine Details nennen. „Wir würden den Einsatz für die Koalition gern von der Türkei aus fortsetzen, der Standort Incirlik ist für unsere Mission aber nicht alternativlos“, sagte der Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dem Magazin.