Ukraine kommt nicht zur Ruhe

Auf den Straßen gibt es Feuergefechte, auf politischer Ebene gegenseitigen Schuldzuweisungen.

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Kiew. Schüsse und Schuldzuweisungen statt des vereinbarten Feiertagsfriedens: In der Ukraine hat sich die Krise zu Ostern erneut zugespitzt. Weder die Genfer Vier-Parteien-Erklärung vom Donnerstag noch eine von der Interimsregierung in Kiew verkündete Waffenruhe konnten die Konfrontation im Osten des Landes entschärfen. Im Gegenteil: Bei einem Schusswechsel in Slawjansk, einer Hochburg pro-russischer Separatisten, kamen am Sonntagmorgen mindestens drei Menschen ums Leben.

Wer bei dem Feuergefecht an einem Kontrollpunkt der Rebellen auf wen schoss, blieb bis Montagabend ungeklärt. Die Interimsregierung in Kiew, die zuvor einseitig eine österliche Waffenruhe verkündet hatte, sprach von einer „inszenierten Provokation“ der Separatisten. Reguläre Sicherheitskräfte seien definitiv nicht beteiligt gewesen. Regierungstreue Medien spekulierten, der Schusswechsel solle Russland als Vorwand für ein militärisches Eingreifen dienen.

Eine eigene Version zeichnete der selbst ernannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, der die moskautreuen Aufständischen in der Stadt repräsentiert. Er machte die westukrainischen, ultranationalistischen Rechten Sektor für den Angriff verantwortlich. Vertreter des Rechten Sektors in Kiew wiesen die Vorwürfe der Separatisten zurück.

Empört zeigte sich der russische Außenminister Sergei Lawrow. „Ein Beschuss in der Osternacht: Das ist jenseits von Gut und Böse“, sagte er und warf den Verantwortlichen in Kiew vor, „die Extremisten nicht kontrollieren zu können oder zu wollen“. In Genf hatte sich Lawrow vor Ostern mit Vertretern von EU, USA und der ukrainischen Interimsregierung auf eine Entwaffnung aller paramilitärischen Kräfte geeinigt. Zugleich sollten „alle illegal besetzten Straßen (. . .) geräumt werden“.

Tatsächlich ist nichts von dem, was in Genf vereinbart wurde, bislang umgesetzt. Der Slawjansker Putsch-Bürgermeister Ponomarjow bat den russischen Präsidenten Wladimir Putin sogar: „Wenn Sie uns keine Friedenstruppen schicken können, liefern sie uns Waffen.“ Wenig spricht in dieser Situation für eine baldige Deeskalation.

US-Vizepräsident Joe Biden reiste nach Kiew, wo er heute mit Vertretern der Übergangsregierung sprechen und Solidarität bekunden will. Entscheidend seien „die nächsten Tage“, hieß es im US-Außenministerium. Washington präsentierte neue Fotos, die eine direkte Beteiligung russischer Militärs in die separatistischen Aufstände in der Ostukraine belegen sollen. Die Bilder zeigen Paramilitärs in Donezk, deren Spur angeblich direkt zu russischen Milizen auf der inzwischen annektierten Krim führe.

Moskau seinerseits kündigte am Oster-Wochenende an, demnächst russische Pässe an russischstämmige ukrainische Staatsbürger auszugeben.