Ukraine lehnt Waffenruhe ab

Donezk (dpa) - Trotz einer von Separatisten angebotenen Waffenruhe hat die ukrainische Armee ihren Belagerungsring um Donezk erneut enger gezogen. Mit massivem Artilleriefeuer versuchte das Militär, eine strategisch wichtige Versorgungsroute der Aufständischen zum russischen Grenzgebiet abzuschneiden.

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Für eine Feuerpause müssten die Rebellen zuerst die Waffen niederlegen, sagte ein Armeesprecher. Separatistenführer Alexander Sacharschenko drohte, sollte das Militär in Donezk einmarschieren, erlebe es dort sein „Stalingrad“.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach angesichts rasant steigender Opferzahlen und einer zerstörten Infrastruktur von einer schwierigen humanitären Lage in den Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk. Falls allerdings Russland wie beabsichtigt Hilfsgüter in das Konfliktgebiet schicken wolle, dürfe dies nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Ukraine geschehen, betonte er.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, Moskau spreche mit der Ukraine und dem Internationalen Roten Kreuz über Lieferungen etwa von Medikamenten in das krisengeschüttelte Nachbarland.

Die Führung in Kiew und der Westen verdächtigen Moskau, unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Soldaten zur Unterstützung der Aufständischen entsenden zu wollen. Die Ukraine warnt seit Monaten vor angeblichen Einmarschplänen Russlands. Eine Kolonne von Armeefahrzeugen sei unter der Behauptung, humanitäre Güter zu transportieren, am Wochenende bis fast auf ukrainisches Gebiet vorgedrungen, sagte der Vizechef der Präsidialverwaltung in Kiew, Waleri Tschaly. „Sie wollten den totalen Konflikt provozieren“, meinte er. Kremlchef Dmitri Peskow wies dies mit Nachdruck zurück.

US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel betonten, „dass jede russische Intervention, auch zu angeblichem humanitären Zweck, (...) zu zusätzlichen Konsequenzen führen würde“. Das teilte das Weiße Haus in Washington nach einem Telefonat der beiden Politiker mit. Merkel sprach auch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Dieser befürwortet ein mögliches Engagement des Internationalen Roten Kreuzes und der Bundesregierung. Den Angaben zufolge geht es vor allem um die Großstadt Lugansk, in der Hunderttausende seit Tagen ohne Strom und Wasser ausharren sollen.

Bei neuen Gefechten starben mindestens 28 Regierungssoldaten. Granatsplitter töteten in Lugansk ein sechsjähriges Mädchen, wie die Behörden mitteilten. Sechs weitere Zivilisten wurden verletzt. In Donezk starben drei Männer, die zwischen die Fronten geraten waren. Beim Beschuss eines Krankenhauses wurde eine Frau verletzt.

„Die Anti-Terror-Operation verläuft erfolgreich, der Ring um Donezk wird immer enger gezogen“, sagte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat in Kiew. Die Aufständischen hätten schwere Verluste erlitten. „Unter den Terroristen macht sich Panik breit. Wir hören von massiver Fahnenflucht - sie werfen die Waffen weg und wollen ihr nacktes Leben retten“, behauptete er.

Eine Feuerpause lehnte Lyssenko ab. Die Aufständischen würden keine praktischen Schritte unternehmen. „Das Hissen der weißen Fahne oder die Abgabe der Waffen: Das sind konkrete Handlungen“, sagte er. Hingegen forderte Separatistensprecher Sergej Kawtaradse die Armee zu Gesprächen auf. „Wir wollen über einen Fluchtkorridor für Zivilisten verhandeln“, sagte er.

Wegen der Kämpfe ruht auch die Arbeit am Absturzort des malaysischen Flugzeugs MH17. „Die Front führt direkt über das Trümmerfeld. Die Situation ist wie Treibsand - die Lage ändert sich stündlich“, sagte der Vizechef des OSZE-Einsatzes, Alexander Hug, in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa in Wien. Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wollten schnell zurückkehren. Es gehe darum, das 35 Quadratkilometer große Gebiet bei Grabowo für Experten abzusichern. „Wir sind Wegbereiter“, sagte Hug.

Um den von Demonstranten besetzten Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew fließt nach der Beseitigung vieler Barrikaden erstmals seit Monaten wieder weitgehend der Verkehr. Etwa 500 Arbeiter und 200 Freiwillige sowie Bürgermeister Vitali Klitschko räumten in der Hauptstadt Hindernisse und Abfall beiseite. Einzelne Aktivisten zündeten aus Protest Autoreifen an. Klitschko versicherte, dass das Zeltlager auf dem Maidan nicht geräumt werde.

Nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar sieht die neue proeuropäische Regierung unter Präsident Poroschenko den Dauerprotest auf dem Maidan als überflüssig an. Allerdings verlangen Hunderte dort versammelte Demonstranten weiter vorgezogene Parlamentswahlen und den Beginn von Reformen.