Ungarn baut Zaun an slowenischer Grenze - Ausgaben verdoppelt
Tornyiszentmiklos/Budapest (dpa) - Ungarn schottet sich weiter ab. Ohne Vorankündigung begannen Sicherheitskräfte, auch an der Grenze zu Slowenien einen Zaun zur Abwehr von Flüchtlingen zu bauen.
Die Grenze zu Serbien ist bereits abgeriegelt. Auch an den Grenzen zu Kroatien und zu Rumänien will die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban Zäune errichten. Für den Bau weiterer Zäune verdoppelte Ungarn die Finanzmittel. Demnächst sollen auch tausende Soldaten zur Verstärkung des Grenzschutzes abkommandiert werden.
An diesem Freitag reist Orban nach Wien, um mit seinem österreichischen Kollegen Werner Faymann über die Flüchtlingskrise zu reden. Der Sozialdemokrat hatte das Vorgehen Orbans zuletzt immer wieder scharf verurteilt.
Die Armee werde mindestens 4300 Soldaten zur Verstärkung des Grenzschutzes einsetzen, sagte Ungarns Generalstabschef Tibor Benkö am Donnerstagabend im ungarischen Fernsehen. Einem neuen Gesetz zufolge darf die Armee im Krisenfall beim Grenzschutz Polizeiaufgaben übernehmen, darunter Menschen und Autos kontrollieren sowie Tränengas, Gummigeschosse und Fangnetze einsetzen. Der Krisenfall ist derzeit in sechs Bezirken an den südlichen und südwestlichen Grenzen in Kraft.
Janos Lazar, Kanzleiminister von Orban, bezeichnete den Zaun an der Grenze zu Slowenien als „unvermeidlich“. Bei Tornyiszentmiklos an der slowenischen Grenze begannen Polizisten und Soldaten zunächst, eine provisorische Sperre zu errichten, die aus drei übereinander gezogenen Rollen von messerscharfem Nato-Draht besteht. Wie lang dieser Zaun werden soll, war zunächst unklar. Die gesamte ungarisch-slowenische Grenze ist 102 Kilometer lang.
Lazar kritisierte erneut das Nachbarland Kroatien, weil von dort in den vergangenen Tagen die meisten Flüchtlinge nach Ungarn gekommen sind. „Es ist eine organisierte Aktion gegen Ungarn, sie bringt jeden unserer ungarischen Landsleute in Gefahr“, sagte Lazar. Mehr als 10 000 neue Flüchtlinge hatte die Polizei am Vortag gezählt, die aus Kroatien gekommen waren.
Für den Bau von Grenzzäunen bewilligte die Regierung der Armee und der Polizei weitere fast 35 Milliarden Forint (ca. 110 Millionen Euro). Die entsprechende Verordnung wurde am Donnerstagabend im ungarischen Gesetzblatt veröffentlicht. Bereits im Laufe des Sommers hatte der Staat für diese Zwecke rund 30 Milliarden Forint bereitgestellt.
Beschlossen ist bereits der Bau eines 41 Kilometer langen Zauns an der kroatischen Grenze. Diese Grenze ist insgesamt 329 Kilometer lang und wird vor allem durch die Flüsse Drau und Mur markiert. Geplant ist zudem ein 70 Kilometer langer Zaun an der insgesamt 448 Kilometer langen rumänisch-ungarischen Grenze.
Nachdem Ungarn die 175 Kilometer lange serbische Grenze durch einen Zaun abgeriegelt hat, kommen viele Flüchtlinge über den Umweg Kroatien nach Ungarn. Ungarns Regierung befürchtet offensichtlich, dass auch Slowenien und Rumänien als Umweg für die Flüchtlinge infrage kommen könnte.