US-Etatstreit spitzt sich zu: Notstand könnte Wochen dauern

Washington/Berlin (dpa) - Die US-Bürger müssen sich auf einen wochenlangen Stillstand ihrer Verwaltung gefasst machen. Möglicherweise kann die Krise erst im Zuge der Debatte um die Erhöhung des Schuldenlimits Mitte Oktober gelöst werden.

Republikaner und Demokraten diskutierten bereits darüber, die beiden Probleme zu verbinden, berichteten US-Medien am Mittwoch. Der letzte „Government Shutdown“ vor 17 Jahren dauerte fast vier Wochen.

Der Streit „droht schwieriger zu werden, je länger er ungelöst ist“, so das Online-Magazine „Politico.com“. Doch zugleich gab es am Tag zwei der Etatkrise auch erste Zeichen der Hoffnung: Präsident Barack Obama lud führende Kongressmitglieder zu Gesprächen ins Weiße Haus (23.30 Uhr MESZ), berichtete „Politico.com“ unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Regierungsbeamten.

Auf Seiten der Republikaner sollten John Boehner, Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus, sowie Mitch McConnell, Minderheitsführer im Senat, teilnehmen. Die Demokraten sollten Senator Harry Reid und die Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, vertreten.

Allerdings zeichnete sich bislang keinerlei Kompromiss ab. Die Republikaner bestehen darauf, einem Übergangshaushalt nur dann zuzustimmen, wenn der Beginn eines Kernstücks der Gesundheitsreform um ein Jahr verschoben wird. Obama lehnt es bislang strikt ab, dass sein wichtigstes Reformwerk angetastet wird.

Bisher scheiterten selbst Teillösungen - etwa die Öffnung der seit Dienstag geschlossenen Nationalparks. Ein entsprechender Entwurf der Republikaner fand im Repräsentantenhaus nicht die Zwei-Drittel-Mehrheit. Sogar die Freiheitsstatue in New York ist inzwischen für Besucher geschlossen.

Auch die Bundesregierung macht sich über die Krise in der weltgrößten Volkswirtschaft Sorgen. „Wir hoffen darauf, dass es baldige Fortschritte gibt, die es ermöglichen, diesen Konflikt beizulegen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Wir bedauern es, dass es noch nicht zu einem Einvernehmen gekommen ist.“

Frankreich fürchtet direkte Auswirkungen der US-Haushaltskrise auf die Wirtschaft in Europa. „Wir warten noch auf präzisere Zahlen, aber es scheint in der Tat so zu sein, dass jeder Tag der Blockade einen bedeutenden finanziellen Verlust für das Land und damit auch Konsequenzen für seine Partner verursacht“, sagte Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem.

Der US-Budgetstreit war am Mittwoch auch an den Börsen das beherrschende Thema. Der deutsche Leitindex Dax fiel um 0,69 Prozent auf 8629,42 Punkte, der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging mit einem Minus von einem halben Prozent bei 2918,31 Zählern aus dem Handel.

Obama ist vom Stillstand auch persönlich betroffen: Er sagte am Mittwoch Etappen seiner für kommende Woche geplanten Asienreise ab. Stationen in den Philippinen und Malaysia fallen aus, teilte das Weiße Haus mit. Er plane aber weiter, zum Gipfel der Pazifikanrainerstaaten (Apec) auf Bali und zum Treffen der Südostasiatischen Staatengemeinschaft (Asean) nach Brunei zu reisen.

Eine Verknüpfung der Etatkrise mit der Erhöhung des Schuldenlimits sehen Kommentatoren mit Sorge. Die Schuldenfrage gilt als wesentlich explosiver als der Etatstreit. Sollte die Erhöhung des Schuldenlimits scheitern, droht dem Land die Zahlungsunfähigkeit - mit möglicherweise verheerenden Folgen für die internationalen Finanzmärkte und die Weltwirtschaft. Vor allem die Kreditwürdigkeit der USA steht auf dem Spiel.

Obama hat bereits klargestellt, dass er über die Schuldenfrage nicht einmal zu Verhandlungen bereit sei. Der Kongress habe die Ausgaben schließlich beschlossen, also müsse er auch für die Bezahlung geradestehen. Die Schuldengrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) wird am 17. Oktober überschritten.