US-General soll „Stuxnet“-Informationen verraten haben
Washington (dpa) - Neuer Wirbel um den Verrat amerikanischer Staatsgeheimnisse. Nun soll auch ein ehemaliger Top-General mit Informationen an die Presse gegen Gesetze verstoßen haben. Der mutmaßliche Informant Edward Snowden versteckt sich derweil offenbar weiter in Russland.
Inmitten der Jagd auf den Informanten Edward Snowden bahnt sich in den USA ein weiterer spektakulärer Fall von schwerem Geheimnisverrat an. Das Justizministerium in Washington ermittle gegen den ehemaligen Vize-Generalstabschef James Cartwright, wie US-Medien am Freitag übereinstimmend berichteten. Der pensionierte Viersterne-General soll Top-Secret-Informationen über eine Cyberattacke der USA gegen den Iran an die Presse gegeben haben. Es gibt aber keine offizielle Bestätigung der Untersuchung. Auch Cartwright äußerte sich nicht.
Cartwright war von 2007 bis 2011 der zweithöchste Offizier im Militär und galt als enger Vertrauter von US-Präsident Barack Obama. Er werde beschuldigt, geheime Informationen über die sogenannte „Stuxnet“-Attacke im Jahr 2010 gegen das Atomprogramm des Mullah-Regimes an die „New York Times“ weitergegeben zu haben. Der 63-Jährige sei über die Untersuchungen informiert worden, hieß es. Unklar ist, ob die Vorwürfe genauso schwer sind wie die gegen Snowden, der von US-Politikern als „Verräter“ bezeichnet wird.
Der 30-Jährige soll auch am Freitag im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo ausgeharrt haben. Russland will ihn nach Informationen der Nachrichtenagentur Interfax nicht festnehmen. Er sei weder offiziell nach Russland eingereist, noch habe er gegen russische Gesetze verstoßen, meldete die Agentur unter Berufung auf einen Informanten, der mit der Lage vertraut sei. Russland warte weiter auf einen offiziellen Auslieferungsantrag der USA, hieß es.
Das südamerikanische Land Ecuador hatte angegeben, dass der Amerikaner einen Asylantrag gestellt habe. In Moskau war die Information gestreut worden, Snowden wolle über Kuba nach Ecuador reisen. Allerdings sei er auch am Freitag nicht an Bord der Maschine nach Havanna gewesen, sagte ein Flughafenmitarbeiter.
Der Vater des Flüchtigen, Lonnie Snowden, äußerte in einem Interview des TV-Senders NBC die Hoffnung, dass sei Sohn in die USA zurückkehren könnte. Dafür müsste die Justiz aber gewährleisten, dass er bis zu einem möglichen Prozess nicht ins Gefängnis komme. Lonnie Snowden gestand aber auch ein, dass beide keinen Kontakt hätten.
Das US-Verteidigungsministerium sperrte den dienstlichen Zugang für Militärangehörige zu den von Snowden enthüllten Geheimdokumenten. Ein Pentagon-Sprecher bestätigte der Nachrichtenagentur dpa, dass ein automatischer Filter auf den rund sieben Millionen Militär-Computern beispielsweise entsprechende Artikel der britischen Zeitung „The Guardian“ oder der „Washington Post“ blockiere.
Sollten sich die Vorwürfe gegen Cartwright bestätigen, wäre es ein weiterer schwerer Schlag für die Obama-Regierung. Sie steht bereits unter Druck durch die Veröffentlichung Tausender vertraulicher und geheimer Botschaftsdepeschen durch die Enthüllungsplattform Wikileaks sowie durch die Snowdens Bekanntmachung der Datensammelwut amerikanischer und britischer Geheimdienste.
Die „New York Times“ hatte im vergangenen Jahr berichtet, dass Cartwright unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush die Idee für die Cyber-Operation mit dem Codenamen „Olympic Games“ gehabt und sie dann auch geleitet habe. Obama habe nach der Amtsübernahme eine Beschleunigung des Programms angeordnet. 2010 seien dann bei einem Angriff mit dem „Stuxnet“-Virus im Iran vorübergehend 1000 Zentrifugen zur Urananreicherung lahmgelegt worden.