Was tun an Halloween? Verkleidung an Halloween: Österreichs Polizei kämpft mit dem "Burkaverbot"
Wien (dpa) - Ein als Hai kostümierter Mann posiert vor der neuen Filiale eines Technikhändlers in Wien und wird prompt von der Polizei wegen seiner Verkleidung angezeigt. Was die Absurdität des neuen Verbots der Gesichtsverhüllung in Österreich zu belegen scheint, beweist vor allem die Findigkeit von PR-Profis.
„50 Millionen Sichtkontakte/150 Euro Strafe“, bilanzierte die PR-Agentur auf Facebook zufrieden den medialen Hype um den Hai-Einsatz, zu dem sie die Polizei selbst gerufen hatte. Im ersten Monat des verkürzt als „Burkaverbot“ bezeichneten Gesetzes haben sich für Bürger und Behörden viele praktische Fragen gestellt. Gerade zu Halloween rechnet die Polizei mit Anrufen über auffällig verkleidete Menschen.
Die Unterscheidung zwischen einer Verhüllung aus religiösen Gründen und einem Halloween-Kostüm „müsse man den Polizisten schon zutrauen“, sagte ein Polizeisprecher der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Die Beamten sollten mit „Fingerspitzengefühl“ vorgehen.
Das Herantasten an die delikate Materie der Gesetzesauslegung hat das Handeln der Beamten seit dem 1. Oktober geprägt. Denn auch ganz alltägliche Dinge wie das Tragen eines Schals gegen die Kälte werden zum Problem. „Es ist immer der Gesamtzusammenhang zu beurteilen und die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen“, meinte ein Sprecher des Innenministeriums. Beim Schal sei die Sache schwierig, weil der Gesetzgeber keine Temperaturen festgelegt habe.
Das Gesetz verbietet das Tragen von Gesichtsverhüllungen wie der Burka oder des Nikabs, aber - von Ausnahmen abgesehen - auch von Atemschutz- oder von Faschingsmasken. Die Sozialdemokraten und die Konservativen hatten sich auf die neuen Vorschriften geeinigt, um speziell mit Blick auf Muslime ein Zeichen zu setzen: Wer sich integrieren will, solle sein Gesicht zeigen. Das Gesetz geht wegen seines weiten Rahmens über ähnliche Bestimmungen in Frankreich und Belgien hinaus.
Rund 30 Einsätze zählte die Wiener Polizei in den ersten zwei Wochen. In 21 Fällen wurde die Gesichtsverhüllung nach Aufforderung abgenommen und der Vorfall blieb straflos. Betroffen waren vor allem Touristinnen. Acht Personen wurden angezeigt, davon zwei „Provokateure“. Nur eine Handvoll Fälle betraf tatsächlich muslimische Gesichtsverhüllungen.
Eine aktualisierte Bilanz zum Monatsende wollte die Polizei nicht mehr vorlegen. „Die Anzahl der Amtshandlungen steht nicht im Verhältnis zur Aufmerksamkeit“, meinte ein Polizeisprecher zu den vielen Schlagzeilen rund um das „Burkaverbot“.
Österreich betreibt im arabischen Raum gezielt Aufklärung über die Vorschriften. In den Golfstaaten, in denen Zehntausende Touristen dem Ruf der Berge und Seen folgen, wird das Nikab-Verbot aufmerksam verfolgt. „Das Verschleierungsverbot wird stark beobachtet“, sagte der österreichische Wirtschaftsdelegierte in der Golfregion, Richard Bandera, dem „Kurier“. „Wenn es behutsam umgesetzt wird, erklärend und nicht strafend, dann kann man Schaden abwenden.“ Regionen wie Salzburg und das bei Arabern besonders beliebte Zell am See dürften auf diese Polizei-Strategie hoffen.
Eine juristische Auseinandersetzung bahnt sich im Fall einer 28 Jahre alten Psychologin an. Die junge Frau aus Deutschland war mit Schal unterwegs, als sie von Polizisten angehalten wurde. Beide Seiten konnten sich nicht einigen, ob es sich um eine legale oder illegale Verhüllung ihres Gesichts gehandelt hat. Die 28-Jährige will das nun mit Hilfe ihres Anwalts vor Gericht klären lassen.
Österreichs wohl künftiger Kanzler, der als Integrationsminister zu den Hauptinitiatoren des Gesetzes zählte, ist nach wie vor von der Richtigkeit der Maßnahme und dem korrekten Vollzug durch die Behörden überzeugt. „Ich habe volles Vertrauen in die heimische Polizei, dass hier mit Hausverstand (gesundem Menschenverstand) vorgegangen wird“, sagte ÖVP-Chef Sebastian Kurz dem Magazin „Profil“. Es gelte sicherzustellen, dass es in Österreich keinen Platz für Symbole einer Gegengesellschaft gebe. Die Vollverschleierung durch Burka oder Nikab stehe im krassen Gegensatz zum Grundwert einer Gleichstellung zwischen Mann und Frau.