Fall Trinh Xuan Thanh Vietnamese zum zweiten Mal zu lebenslang verurteilt

Hanoi (dpa) - Der mutmaßlich aus Deutschland entführte Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh ist in seiner Heimat Vietnam einem Todesurteil entgangen. Das Volksgericht der Hauptstadt Hanoi verurteilte den 52-Jährigen wegen schwerer Korruption allerdings zu lebenslanger Haft.

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Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend, weil gegen das erste Urteil Berufung eingelegt wurde. „Ein abschließendes Urteil ist daher jetzt noch nicht möglich“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Das Ministerium kritisierte aber, dass keine internationale Presse zugelassen worden sei.

Für den kommunistischen Ex-Funktionär bedeutet dies bereits die zweite Lebenslang-Strafe innerhalb von 14 Tagen. Thanhs deutsche Anwältin Petra Schlagenhauf warf dem Gericht in Vietnam vor, sein Urteil sei politisch motiviert und habe von vornherein festgestanden. Die Staatsanwaltschaft habe keine Beweise vorbringen können, die eine Verurteilung gerechtfertigt hätten, hieß es in ihrer Erklärung. Es werde versucht, der gewaltsamen Entführung Thanhs aus Berlin durch ein Kommando des vietnamesischen Geheimdienstes nachträglich einen Anschein von Recht zu verleihen. Dies könne insbesondere durch Deutschland nicht hingenommen werden.

Der Fall Thanh belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und dem kommunistischen Einparteienstaat seit vergangenem Sommer massiv. Die mutmaßliche Verschleppung mitten aus Berlin im Juli 2017 hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Anfangs hatte die Bundesregierung Thanhs sofortige Freilassung gefordert - ohne jeden Erfolg. Zumindest gelang es nun aber, die Todesstrafe zu vermeiden.

Ausgestanden ist die Affäre allerdings noch nicht. Die Verteidigung kündigte an, gegen die lebenslange Haftstrafe Berufung einzulegen. Thanh bestreitet alle Korruptionsvorwürfe. Er hofft darauf, möglichst bald nach Deutschland zurückkehren zu können, wo seine Frau und seine Kinder leben. Zudem herrscht zwischen beiden Staaten auf diplomatischem Gebiet ziemliche Eiszeit. Vietnam behauptet, dass Thanh freiwillig in seine alte Heimat zurückkam, um sich zu stellen.

Das Volksgericht befand Thanh nach nur wenigen Prozesstagen für schuldig, sich persönlich bereichert zu haben. Als Chef des Baukonzerns PetroVietnam Construction (PVC) soll er bei einem Projekt in Hanoi 2009/10 Anteile weit unter Wert an einen privaten Entwickler verkauft und dafür mehr als eine halbe Million Euro Schmiergeld bekommen haben. Die Verteidigung sieht ihn jedoch als Opfer von Machtkämpfen innerhalb von Vietnams Kommunistischer Partei.

Wegen Korruption und Misswirtschaft hatte der 52-Jährige bereits im Januar lebenslang bekommen. Auf die mögliche Forderung nach Todesstrafe hatte die Staatsanwaltschaft in beiden Prozessen verzichtet. Vietnam gehört zu den wenigen Staaten, in denen Korruption mit einem Todesurteil bestraft werden kann. Keine leere Drohung: Erst im Herbst war ein anderer ehemaliger Top-Manager zur Hinrichtung durch eine Giftspritze verurteilt worden.

In seinem Schlusswort hatte Thanh über schwere Gesundheitsprobleme geklagt, unter anderem über große Schmerzen durch Rheuma. Angeblich befand er sich deshalb in Lebensgefahr. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Thanh Nien“ sagte er: „Bitte erlaubt mir, dass ich nahe meiner Frau und meiner Kinder sein darf. Wenn ich sterbe, will ich in ihren Händen sein.“

Thanh hatte sich 2016 nach dem Bekanntwerden erster Vorwürfe nach Deutschland abgesetzt, wo er früher einmal studiert hatte. Damals war er in Vietnam mit einem Geländewagen aufgefallen, der etwa 200 000 Euro kostet und ein Regierungs-Kennzeichen trug. In Berlin bemühte er sich um eine Anerkennung als Asylbewerber.

Die Hoffnung der Verteidigung ruht nun darauf, dass der Geschäftsmann in einem Berufungsprozess ein milderes Urteil bekommt. Zudem gibt es hinter den Kulissen Bemühungen, die Haftstrafe zu reduzieren. Zusammen mit Thanh wurden sieben weitere Angeklagte verurteilt. Sie erhielten Strafen zwischen sechs und 16 Jahren. Ausländische Presse durfte bei dem Prozess - wie schon beim ersten Verfahren - nicht dabei sein. Auch der dpa wurde eine Akkreditierung verweigert.