Delikate Affäre Vorermittlungen: Druck auf Macron-Vertrauten steigt
Paris (dpa) - Frankreichs umstrittener Wohnungs- und Städtebauminister Richard Ferrand (54) ist nun auch in das Visier der Justiz geraten. Die Staatsanwaltschaft in Brest leitete nach neuen Medienenthüllungen über ein Immobiliengeschäft Vorermittlungen ein.
Er respektiere diese Entscheidung und schütze die Unabhängigkeit der Richter und Staatsanwälte, kommentierte Justizminister François Bayrou. Zu den Vorwürfen äußerte er sich im Detail nicht.
Die Affäre ist höchst brisant, denn Ferrand ist ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron. Der Staatschef reagierte zunächst nicht auf die neue Entwicklung. Der konservative Premier Edouard Philippe hatte gesagt, ein Minister müsse bei der Eröffnung eines Ermittlungsverfahren zurücktreten. Diese Stufe ist aber bisher nicht erreicht.
Ferrand soll als damaliger Chef der Mutuelles de Bretagne (Krankenversicherungsvereine der Bretagne) seine Lebensgefährtin bei einer Immobilienvermietung bevorzugt haben. Er wies Vorwürfe eines Interessenkonflikts mehrfach zurück.
Ferrand war als Generalsekretär am Aufbau von Macrons Partei „La République en Marche!“ entscheidend beteiligt. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen hatte bereits den Rücktritts Ferrands gefordert, der früher bei den Sozialisten war.
Es solle geprüft werden, ob es möglicherweise eine strafbare Handlung wie ein Vermögensdelikt gab, teilte Staatsanwalt Eric Mathais in der westfranzösischen Hafenstadt Brest mit. Dort hatte die gegen Korruption kämpfende Vereinigung Anticor gegen Unbekannt wegen Vertrauensbruchs geklagt.
Bayrou legte unterdessen ein Gesetzespaket zur Vermeidung von Interessenkonflikten im öffentlichen Leben vor. Dazu soll auch die Verfassung geändert werden. Seit dem Skandal um die Beschäftigung von Familienmitgliedern des früheren konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon im Parlament sind strengere Regeln ein großes Thema. „Wir brauchen alle eine Rückkehr des Vertrauens“, so der Zentrumspolitiker Bayrou.
Das Paket sieht unter anderem vor, dass Minister und Abgeordnete keine Familienmitglieder beschäftigen dürfen. Ein Sondergericht für Minister mit langer Tradition wird abgeschafft. Mit einer neuen „Bank der Demokratie“ soll die Finanzierung politischer Parteien durchsichtiger werden. Parteien hätten manchmal Schwierigkeiten, von privaten Kreditinstituten Geld zu erhalten, sagte Bayrou. Le Pen hatte sich mehrfach beschwert, keine Kredite von französischen Banken zu erhalten.
Macron (39) war im hart geführten Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten, für eine grundlegende Erneuerung des politischen Lebens zu sorgen. Das neue Gesetz ist deshalb ein Vorzeigevorhaben. Viele Kandidaten seiner Partei für die Parlamentswahl am 11. und 18. Juni kommen nicht aus der Politik. Laut Umfragen hat die Macron-Partei gute Chancen, die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu erringen.