Wahl des Regionalpräsidenten in Katalonien verschoben

Rückschlag für Carles Puigdemont: Die Wahl in Katalonien ist vorerst vertagt, aber nicht aufgehoben. Madrid fordert von den Separatisten einen „sauberen“ Kandidaten.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Der katalanische Parlamentspräsident Roger Torrent hat die für den gestrigen Nachmittag geplante Sitzung zur Regierungsbildungin Barcelona auf einen unbekannten Zeitpunkt vertagt. Derweil geht das Tauziehen mit Madrid weiter.

Foto: Manu Fernandez

Barcelona. Spaniens Zentralregierung hat die katalanischen Separatisten aufgefordert, für die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten in Katalonien einen „sauberen“ Kandidaten zu nominieren. Regierungschef Mariano Rajoy sagte, der bisherige Amtsanwärter Carles Puigdemont, der in Spanien mit Haftbefehl gesucht wird und nach Belgien flüchtete, werde zunehmend zur Last für die Zukunft Kataloniens. „Man kann nicht Justizflüchtling sein, in Brüssel leben und beabsichtigen, zum Ministerpräsidenten einer demokratischen Institution gewählt zu werden“, erklärte Rajoy in Madrid.

In der Tat droht der Plan der Separatisten, den von Madrid abgesetzten Ex-Ministerpräsidenten Puigdemont wieder an die Macht zu bringen, die politische Normalisierung in Katalonien zu blockieren. Am Dienstag sah sich der Vorsitzende des Regionalparlamentes, Roger Torrent, gezwungen, die Sitzung der Kammer, in welcher Puigdemont gewählt werden sollte, auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Das Verfassungsgericht hatte es zuvor zur Auflage gemacht, dass sich Puigdemont vor dem Wahlgang dem Ermittlungsrichter in Madrid stellen muss, der dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden habe.

Nachdem Puigdemont diesen Schritt ablehnte und die Verfassungsrichter auch eine Wahl des Separatistenchefs per Videoschaltung nach Brüssel untersagten, blieb nur noch die formelle Absage der Parlamentssitzung. Diese Entscheidung Torrents kam bei Puigdemont, der dem Vernehmen nach schon seine Regierungsrede geschrieben hatte, nicht gut an. Puigdemonts Unabhängigkeitsliste Partei Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien), eine von drei Sezessionsparteien, kündigte am Dienstagnachmittag an, sich im Parlament zu versammeln und trotz Sitzungsabsage eine symbolische Ministerpräsidentenwahl zu zelebrieren.

Anzeichen einer Spaltung im Unabhängigkeitslager? Der Parlamentspräsident Torrent, welcher der Separatistenpartei Esquerra Republicana (Republikanische Linke) angehört, hatte zwar versichert, dass er grundsätzlich an der Nominierung Puigdemonts für das Regierungsamt festhalte. Aber es ist kein Geheimnis, dass die Separatistenfront bröckelt und man sich in Esquerra auch eine Zukunft ohne Puigdemont vorstellen kann — etwa mit einem alternativen Kandidaten, mit dem eine Regierungsbildung reibungsloser ablaufen könnte.

Auch wenn offiziell noch an Puigdemont festgehalten wird: Tatsache ist, dass eine Wahl des Rebellen Puigdemont in immer weitere Ferne rückt. Denn seine Probleme mit der spanischen Justiz wachsen. Der Oberste Gerichtshof ermittelt gegen Puigdemont wegen Rebellion, Anzettelns eines Aufruhrs und Veruntreuung von Steuergeldern. Er soll versucht haben, mit ungesetzlichen Mitteln Katalonien in einen eigenen Staat zu verwandeln. Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass der Flüchtige, der von Belgien aus weiterhin zu illegalen Handlungen aufruft, keine Nachsicht zu erwarten habe.

Wenn nicht bald ein Ausweg aus dem katalanischen Labyrinth gefunden und ein unbelasteter Kandidat nominiert wird, könnten sich die Regierungsbildung und die politische Instabilität in Katalonien noch in die Länge ziehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es dann wieder zu Neuwahlen in der spanischen Region kommen wird. Erst im Dezember waren die 7,5 Millionen Katalanen vorzeitig an die Urnen gerufen worden, nachdem Madrid die rebellische Puigdemont-Führung Ende Oktober abgesetzt hatte. Seitdem wird Katalonien von Spaniens Zentralregierung verwaltet.

In der Regionalwahl im Dezember hatten die Unabhängigkeitsbefürworter mit 47,5 Prozent der Stimmen wieder die knappe absolute Mehrheit im Regionalparlament erobert. Es hätte die Chance für einen Neuanfang sein können. Doch die Hoffnung Madrids auf eine politische Erneuerung in Barcelona erfüllte sich bisher nicht.