Westen schließt Botschaften in islamischer Welt
Washington/Berlin (dpa) - Wegen akuter Terrorgefahr sind viele westliche Botschaften und Konsulate in islamischen Ländern am Sonntag geschlossen geblieben. Die USA machten 22 Einrichtungen von Mauretanien bis Bangladesch dicht.
Deutschland, Großbritannien, Frankreich schlossen ihre Botschaften im Jemen vorübergehend.
Dort sahen Sicherheitskreise offensichtlich eine besonders bedrohliche Lage. Die deutsche Vertretung in der Hauptstadt Sanaa wird auch am Montag nicht öffnen, wie ein Sprecher das Auswärtigen Amtes der Nachrichtenagentur dpa sagte.
US-Nachrichtendienste haben nach eigenen Angaben geheime Kommunikationen zwischen führenden Mitgliedern des Terrornetzwerkes Al-Kaida abgefangen. In denen sei es um Terroranschläge auf amerikanische Einrichtungen gegangen. Das sei auch der Grund für die weltweite Reisewarnung vom Freitag, berichteten US-Medien.
Die internationale Polizeibehörde Interpol gab am Samstag eine weltweite Sicherheitswarnung heraus. Sie forderte ihre 190 Mitgliedsländer nach mehreren von Al-Kaida unterstützten Gefängnisausbrüchen etwa im Irak, in Libyen und Pakistan zu erhöhter Wachsamkeit und koordinierten Ermittlungen auf.
Das Auffangen elektronischer Kommunikation ist eine Hauptaufgabe des US-Geheimdienstes NSA, dessen massive Spähprogramme US-Whistleblower Edward Snowden enthüllt hatte. Der „New York Times“ zufolge deuteten Analysten und Kongressmitarbeiter an, eine Terrorbedrohung zum jetzigen Zeitpunkt sei ein guter Weg, von der Kritik an den NSA-Programmen abzulenken. Noch besser sei es, wenn zugleich deutlich gemacht werden könne, dass die NSA-Aktivitäten ein mögliches Terrorkomplott aufgedeckt hätten.
Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama trafen sich am Samstag, um die Lage zu erörtern, darunter mehrere Minister. Einzelne US-Militäreinheiten im Nahen Osten wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, wie der Sender CNN am Sonntag unter Berufung auf Regierungskreise meldete. Verteidigungsminister Chuck Hagel habe mit seinen Experten erörtert, welche Einheiten im Falle eines Terrorangriffs auf US-Einrichtungen eingesetzt werden könnten. Die US-Marine habe Amphibienboote im Roten Meer näher an den Jemen heran beordert.
Die Sicherheitsvorkehrungen rund um die US-Botschaft in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wurden laut CNN deutlich erhöht. „Die Bedrohung scheint schlimmer zu sein, als sie es lange Zeit war“, sagte ein Mitarbeiter der US-Sicherheitsbehörden in dem arabischen Land dem Sender.
Einem Bericht der „Washington Post“ zufolge wies Obama die Sicherheitsbehörden bereits vor einigen Tagen an, alles zum Schutz von US-Bürgern zu tun „im Lichte einer potenziellen Bedrohung, die auf der arabischen Halbinsel stattfindet oder von ihr ausgeht“.
Der französische Präsident François Hollande sagte, man habe Informationen darüber, dass die Drohungen sehr ernst zu nehmen seien. Das britische Außenministerium riet Landsleuten in einer Reisewarnung zur Ausreise aus dem Jemen.
Laut „New York Times“, die sich auf US-Regierungsbeamte berief, diskutierten Terroristen Attacken gegen Einrichtungen im Nahen Osten und Nordafrika. Es sei ungewöhnlich, dass etwa E-Mails oder Handy- Gespräche von höherrangigen Al-Kaida-Angehörigen über die Planung von Operationen abgefangen worden seien - zumal in größeren Mengen. Daher hätten Experten des Geheimdienstes CIA, das Außenministerium und das Weiße Haus sofort begriffen, worum es gehe.
Bestärkt sahen sich die US-Behörden offenbar durch eine Audio- Botschaft von Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri. Er hatte am Dienstag dazu aufgerufen, „Interessen der USA und ihrer Verbündeten“ weltweit anzugreifen. In einer weiteren angeblich von ihm stammenden Botschaft vom Freitagabend wurde der Sturz des islamistischen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch „Kreuzfahrer“ und mit „amerikanischem Intrigenspiel“ kritisiert.
Experten meinen, dass die erhöhte Terrorgefahr mit dem Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan Mitte nächster Woche zusammenhängen könne. Der britische Sicherheitsexperte Peter Bergen sagte der BBC, Al-Kaida habe in der Vergangenheit Interesse daran gezeigt, am 27. Tag des islamischen Fastenmonats Ramadan Anschläge zu verüben. Der 27. Tag fällt auf diesen Sonntag.
Bergen bezieht sich dabei auf die sogenannte „Nacht der Bestimmung“, in der nach muslimischem Glauben dem Propheten Mohammed die ersten Suren des Korans offenbart wurden. In einem Beitrag für CNN schreibt Bergen, dass militante Muslime am 3. Januar 2000 - auch einem 27. Tag im Ramadan - einen fehlgeschlagenen Angriff auf das US-Kriegsschiff „The Sullivans“ gestartet hätten.
Andere Experten sehen auch einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Terroranschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi vom 11. September 2012. Vier US-Diplomaten waren getötet worden.
Das Auswärtige Amt in Berlin veränderte seine Sicherheitshinweise für deutsche Staatsbürger zunächst nicht. Die Sicherheitsvorkehrungen für die Botschaften würden permanent der aktuellen Sicherheitslage angepasst, sagte ein Sprecher.