Bundesanwaltschaft prüft Ermittlungen zur NSA-Affäre
Berlin/Karlsruhe (dpa) - Die Berichte über grenzenlose Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA rufen nun die Bundesanwaltschaft auf den Plan.
Die Behörde habe bereits am 27. Juni ein Beobachtungsverfahren eingeleitet, sagte ein Sprecher der dpa und bestätigte entsprechende Informationen der „Mitteldeutschen Zeitung“.
In einem ersten Schritt seien alle Medienberichte über die Ausspähaffäre ausgewertet worden. „Dann haben wir die deutschen Nachrichtendienste und die zuständigen Bundesministerien um Auskünfte gebeten.“ Die Antworten lägen noch nicht vor. Erst danach werde über ein Ermittlungsverfahren entschieden. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel griff die Bundesregierung derweil erneut scharf an.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe begrüßte den Schritt der Karlsruher Behörde. Die Vorermittlungen zeigten, „wir sind ein Rechtsstaat, der die Durchsetzung seiner Rechtsordnung sehr ernst nimmt“. Deutschland erwarte von der US-Regierung in diesem Zusammenhang „selbstverständlich auch eine eindeutige Erklärung, dass Geheimdienstpartner auf deutschem Boden deutsches Recht achten“.
In dem Beobachtungsverfahren will die Bundesanwaltschaft auch klären, ob sie überhaupt zuständig ist. Sie könnte Ermittlungen auf Grundlage des Paragrafen 99 Strafgesetzbuch aufnehmen. Darin geht es um geheimdienstliche Agententätigkeit zulasten der Bundesrepublik Deutschland.
Die Prüfung der Fakten werde aber sicher noch eine Weile dauern, sagte der Sprecher. Der Ausgang sei vollkommen offen. Sollte es zu einem Ermittlungsverfahren kommen, so ist durchaus dankbar, dass die Bundesanwaltschaft auch den Enthüller der amerikanischen und britischen Abhörpraktiken, Edward Snowden, vernehmen will - wenn sie an ihn herankommt.
Gröhe warf der SPD vor, mit ihren Attacken zu übertreiben. Wenn SPD-Chef Gabriel die Wertegemeinschaft mit den USA beeinträchtigt sehe, „tut er so, als ginge die größte Gefahr für unsere Freiheit von amerikanischen Sicherheitsdiensten aus und nicht von terroristischen Anschlägen“. Dies zeige, „dass aus parteitaktischen Gründen hier die Axt an eine für uns wichtige Sicherheitspartnerschaft gelegt wird und die SPD zunehmend für uns zum Sicherheitsrisiko wird“.
In einem Interview des „Darmstädter Echos“ hatte Gabriel der Bundesregierung massive Versäumnisse vorgehalten. Die Enthüllungen seien „weit mehr als eine Schlapphut-Affäre von ein paar Geheimdienstfreaks“. Die Affäre bringe „die Wertegemeinschaft in Gefahr, die uns immer mit Amerika verbunden hat“. Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hätte die Bundesregierung den Mut haben sollen, Snowden zu helfen. Er begründete dies im Rundfunksender SWR 2 mit dem mangelnden Schutz von Whistleblowern in den USA.
Die Regierung in Washington will Snowden - wie dem bereits verurteilten Wikileaks-Informanten Bradley Manning - den Prozess machen. Doch der frühere Geheimdienstmitarbeiter ist in Russland untergetaucht. Sein Vertrauter Glenn Greenwald ist überzeugt davon, dass der 30-Jährige seine Kenntnisse dort nicht mit dem Geheimdienst teilen wird. Er sei erschüttert über derartige Spekulationen von US-Medien, sagte Greenwald dem Sender MSNBC.
Der Bundes-Datenschutzbeauftragte Peter Schaar befürchtet derweil, dass auch Online-Käufer in Deutschland von den Daten-Sammelaktionen betroffen sind. Angesichts der Enthüllungen könne es „als sicher gelten, dass die von Unternehmen erhobenen Daten und Profile auch bei staatlichen Stellen landen oder von diesen zumindest abgerufen werden können“, sagte Schaar der Zeitung „Die Welt“.