Kerry lobt Eingreifen der Armee in Ägypten
Kairo/Islamabad (dpa) - Die US-Regierung hat die Entmachtung von Präsident Mohammed Mursi durch Ägyptens Militär gerechtfertigt.
US-Außenminister John Kerry sagte in einem Interview des pakistanischen Fernsehsenders GEO TV, die Armee sei von Millionen, die ein Abgleiten Ägyptens ins Chaos befürchtet hätten, zum Eingreifen aufgefordert worden. Die Islamisten waren nach diesen deutlichen Worten fassungslos. Zehntausende Anhänger Mursis demonstrierten am Freitag in mehreren Städten.
Im Stadtteil Mediacity am Rand von Kairo kam es am Abend zu Zusammenstößen. Wie das staatliche ägyptische Fernsehen berichtete, setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein. Angaben zu Verletzten lagen zunächst nicht vor.
Kerry sagte über das Einschreiten der Armee in Ägypten: „Ihr Ziel war es nicht - soweit wir das bisher beurteilen können -, die Macht zu übernehmen.“ Vielmehr habe die Armee „die Demokratie wiederhergestellt“. Die Gewalt gegen protestierende Muslimbrüder in den vergangenen Wochen sei jedoch „völlig inakzeptabel“. Ende Juli waren bei schweren Auseinandersetzungen mindestens 80 Menschen getötet worden. Vor einem Monat hatte sich US-Präsident Barack Obama noch „sehr besorgt“ über das Einschreiten der Armee geäußert.
An den Zugängen zum zentralen Protestlager an der Kairoer Rabea-al-Adawija-Moschee kontrollierten Aktivisten Ausweise und Taschen. Das Camp soll laut Regierungsbeschluss demnächst geräumt werden. Mohammed Badia, das Oberhaupt der Muslimbruderschaft, warnte, für die Protestierenden sei „die Freiheit wertvoller als ihr Leben“. Ein weiteres Protestlager gibt es vor der Universität Kairo in Giza.
Die Behörden wollen den Zugang zu den Camps schon bald blockieren. Die Aktion solle „innerhalb von 48 Stunden“ beginnen, berichteten arabische Medien unter Berufung auf das staatliche Fernsehen. Demnach können Menschen die beiden Lager in Kairo zwar verlassen, aber nicht mehr betreten. Dies sei eine Vorstufe zur geplanten Räumung der Protestcamps, hieß es.
„Wir erwarten nichts von den USA. Wir glauben, dass die US-Regierung mitschuldig an dem Militärputsch ist“, erklärte der Sprecher der Islamistenbewegung, Gehad al-Haddad. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte zu Kerrys Äußerungen: „Die Amerikaner versuchen wie wir, die Lage zu beruhigen.“ Vor der Abreise aus Kairo traf Westerwelle den gemäßigten Islamisten Abdel Moneim Abul Futuh. Auch der FDP-Politiker sprach nicht von einem „Militärputsch“.
Der amerikanische Vize-Außenminister William Burns wurde Freitagnacht in Kairo erwartet, wo er neben Vertretern der Übergangsregierung auch eine Delegation der Muslimbruderschaft treffen wollte. Das teilte das ägyptische Außenministerium mit.
Die US-Regierung hat aus Sicherheitsgründen in Kairo und in mehreren anderen islamischen Ländern ihre Botschaften vorübergehend geschlossen. Inzwischen haben die USA wegen erhöhter Terrorgefahr eine weltweite Reisewarnung herausgegeben. Ausdrücklich werden etwa der Nahe Osten und Nordafrika genannt.
Die Islamisten protestierten bei sengender Hitze und trotz des islamischen Fastengebots, das ihnen tagsüber das Trinken verbietet, nach dem Freitagsgebet gegen Mursis Entmachtung. In der Hauptstadt Kairo marschierten die Mursi-Anhänger durch mehrere Stadtviertel. Auch aus der Hafenstadt Alexandria sowie aus Al-Scharkija und Al-Arisch wurden Demonstrationszüge gemeldet.
Die Islamisten fordern die Wiedereinsetzung von Präsident Mursi, der am 3. Juli von der Armee abgesetzt worden war und an einem geheimen Ort inhaftiert ist. Außerdem demonstrieren sie gegen die für die nächsten Tage geplante Räumung ihrer Protestlager. Die Vorsitzende des Nationalen Frauenrates, Mervat Telawi, warf den Muslimbrüdern vor, sie benutzten in ihren Protestlagern Kinder als „menschliche Schutzschilde“. Bei einer Umfrage des ägyptischen Ibn- Chaldun-Zentrums hatten diese Woche 63 Prozent der Befragten angegeben, sie befürworteten eine Auflösung der Protestlager.