Chemiewaffen-Experten reisen nach Syrien
New York/Kairo/Damaskus (dpa) - Nach monatelangem Widerstand des syrischen Regimes wird nun doch ein UN-Expertenteam untersuchen, ob in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt worden sind.
Die Mission in Syrien werde „sobald wie möglich“ beginnen, teilten die UN in New York mit. Derzeit bereite sich das Team unter Leitung des Giftgasexperten Åke Sellström im niederländischen Den Haag auf seinen Einsatz vor, sagte ein UN-Sprecher am Donnerstag. Unter anderem müssten noch rechtliche und organisatorische Fragen geklärt werden. „Sobald es machbar ist, geht es los.“ Zunächst wollen die Inspekteure drei konkrete Vorfälle unter die Lupe nehmen.
Einer davon ereignete sich in Chan al-Asal nahe Aleppo im Norden des Landes. Die syrische Regierung wirft den Rebellen vor, dort im März unter anderem mit Giftgas zahlreiche Menschen getötet zu haben. Auch am Donnerstag wurden aus Chan al-Asal wieder Kämpfe gemeldet. Bei einem Luftangriff starben Regimegegnern zufolge mehrere Menschen.
Die beiden anderen Vorfälle, die untersucht werden sollen, würden aus Sicherheitsgründen zunächst nicht konkret benannt, sagte der UN-Sprecher. Auch wie lange das Team aus rund zehn Experten der Weltgesundheitsorganisation und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen im Land bleibe, sei noch unklar. Ursprünglich hatten die UN verlangt, weitaus mehr berichtete Vorfälle untersuchen zu dürfen. Dagegen habe sich die syrische Regierung aber gewehrt, hieß es.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte den Schweden Sellström bereits im März zum Leiter des Teams berufen, das kurze Zeit später für den Einsatz bereitstand. Syrien weigerte sich aber im Streit um die Einsatzorte monatelang, die Fachleute ins Land zu lassen. In der vergangenen Woche waren Sellström und die UN-Abrüstungsbeauftragte Angela Kane dann nach Damaskus gereist und hatten eine Vereinbarung erreicht. Die oppositionelle Nationale Syrische Koalition hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach über die aus ihrer Sicht mangelnde Kooperationsbereitschaft der UN-Chemiewaffenexperten beklagt.
Die Kämpfe in Syrien gingen unterdessen weiter. Bei einer Explosion in einem Waffenlager in der umkämpften Stadt Homs wurden am Donnerstag angeblich mindestens 40 Menschen getötet. Das Depot in einem von den Regimetruppen beherrschten Teil der Stadt sei offenbar von Granaten der Aufständischen getroffen worden, berichteten die Syrischen Menschenrechtsbeobachter in London. Etwa 120 weitere Menschen demnach wurden verletzt. Unter den Opfern seien viele Zivilisten gewesen. Nachrichten aus Syrien sind aus unabhängiger Quelle schwer zu überprüfen.
Syriens Präsident Baschar al-Assad sagte am Donnerstag ein baldiges siegreiches Ende des Bürgerkrieges voraus. Von möglichen Friedensverhandlungen war nicht die Rede. In dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Bürgerkrieg sind bisher nach UN-Angaben mehr als 100 000 Menschen ums Leben gekommen. Regierung und Aufständische beschuldigen sich gegenseitig, mit den weltweit geächteten Chemiewaffen zu kämpfen.
Hilfsorganisationen appellierten an die internationale Gemeinschaft, ihre Unterstützung für syrische Flüchtlinge aufzustocken. Care, Handicap International, Oxfam und World Vision warnten am Donnerstag vor einer Verschärfung der Situation. 1,4 Millionen Menschen, also rund 80 Prozent aller Flüchtlinge, lebten in Syriens Nachbarländern außerhalb von Lagern und seien schwierig zu erreichen. Viele gingen leer aus.