Wikileaks veröffentlicht interne Unterlagen von Sony Pictures
London (dpa) - Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat von Hackern erbeutete Dokumente des Hollywood-Studios Sony Pictures ins Netz gestellt. Es gehe um über 170 000 E-Mails und mehr als 30 000 interne Dokumente, erklärte Wikileaks-Gründer Julian Assange.
„Dieses Archiv zeigt die innere Funktionsweise eines einflussreichen multinationalen Konzerns“, schrieb er zur Begründung. Deshalb habe es historische Bedeutung und müsse öffentlich gemacht werden. Sony Pictures verurteilte die Wikileaks-Aktion.
Die Unterlagen können bei Wikileaks nach einzelnen Worten oder auch nach Absender oder Adressaten von E-Mails durchsucht werden. Aus den Mails geht unter anderem hervor, dass die US-Regierung Hilfe von Hollywood-Firmen im Kampf gegen die Propaganda der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) suchte. Unter den E-Mails sind auch private Nachrichten. Einige enthalten E-Mail-Adressen und Telefonnummern von Regisseuren und Schauspielern.
Das Studio widersprach entschieden der Wikileaks-Ansicht, dass die Unterlagen in die Öffentlichkeit gehörten. „Die Cyberattacke auf Sony Pictures war ein böswilliger krimineller Akt“, man verurteile, dass gestohlene private und vertrauliche Informationen ausgewertet würden. Es sei bedauerlich, dass Wikileaks die Angreifer auf diese Weise unterstütze.
Sony Pictures, eine Tochterfirma des japanischen Elektronik-Konzerns Sony, war im vergangenen November Ziel einer verheerenden Hacker-Attacke geworden. Die Angreifer verschafften sich freien Zugang zu internen Dokumenten und E-Mails, das Studio konnte danach wochenlang seine Computersysteme nicht nutzen. Der Angriff wurde mit der Nordkorea-Satire „The Interview“ in Verbindung gebracht, in der es um ein US-Mordkomplott gegen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un geht. US-Ermittler vermuten eine Beteiligung des nordkoreanischen Regimes.
Assange verwies seinerseits auf Kontakte von Sony Pictures zur US-Regierung und zur Denkfabrik Rand Coporation, die eng mit dem „militärisch-industriellen Komplex“ verbunden sei. Die Unterlagen hätten einen Nachrichtenwert und stünden im Mittelpunkt eines geopolitischen Konflikts.
Nach Ansicht des renommierten Anwalts Floyd Abrams, der schon in den 70er Jahren die „New York Times“ in der Kontroverse um die sogenannten „Pentagon-Papiere“ verteidigte, kann Wikileaks für die Veröffentlichung wegen der Verletzung von Urheberrechten und Privatsphäre belangt werden. Allerdings sei es in der Realität nahezu unmöglich, gegen Wikileaks vorzugehen: „Das größte Problem für Sony ist, jemanden zu finden, den sie verklagen können“, sagte Abrams dem Entertainment-Branchenblatt Variety.
Die Hacker hatten bereits kurz nach dem Angriff Dokumente veröffentlicht, die von diversen Medien durchforstet wurden. Das förderte unter anderem einen E-Mail-Wechsel zwischen der einflussreichen Studio-Managerin Amy Pascal und Filmproduzent Scott Rudin mit einem rassistischen Scherz über Präsident Barack Obama zu Tage. Außerdem wurden Querelen zwischen Hollywood-Playern öffentlich.
Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson wollte sich auf Anfrage von „Variety“ nicht dazu äußern, wie die Plattform an die Unterlagen von Sony Pictures gekommen sei. Er verwies darauf, dass die Dokumente im vergangenen Winter bereits breit veröffentlicht worden seien.
Wikileaks hatte in der Vergangenheit unter anderem vertrauliche Unterlagen der US-Regierung wie diplomatische Schriftwechsel veröffentlicht. Assange lebt seit fast drei Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen. Dort wird ihm sexuelle Belästigung von zwei Frauen vorgeworfen. Assange erklärt, dass er eine Auslieferung in die USA befürchte, wo ihm wegen der Wikileaks-Veröffentlichungen der Prozess gemacht werden könne.