Gedenken an die Opfer des Holocaust
Tel Aviv/Jerusalem/Auschwitz (dpa) - 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben die Menschen in Israel und in Auschwitz der sechs Millionen Opfer des Holocausts gedacht.
Wie jedes Jahr am Holocaust-Gedenktag heulten um 9.00 Uhr (MESZ/10.00 Uhr Ortszeit) zwei Minuten landesweit die Sirenen. Die Menschen unterbrachen ihre Arbeit, Busse und Autos stoppten. In Auschwitz-Birkenau, dem größten der nationalsozialistischen Vernichtungslager, appellierten Holocaust-Überlebende vor rund 10 000 jungen Juden aus aller Welt, die Opfer und das Leid nicht zu vergessen.
Zygmunt Rolat, der als Kind in Polen als einziges Mitglied seiner Familie überlebte, warnte die Teilnehmer am „Marsch der Lebenden“ davor, dem „schönen Zauber“ des Appells „Nie wieder“ zu vertrauen: „Glaubt das nicht. Es ist wieder passiert, in Bosnien, in Ruanda, in Kambodscha, dem Sudan.“ Der israelische Rabbiner Meir Lau betonte: „Wir dürfen nicht vergessen und wir werden nicht vergeben.“
In der bedeutendsten Gedenkstätte für den Holocaust, Yad Vashem in Jerusalem, legten Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Reuven Rivlin Kränze nieder, die Knesset erinnerte in einer Zeremonie an die Ermordeten. Netanjahu hatte dem Iran erneut vorgeworfen, den jüdischen Staat auslöschen zu wollen. Er warnt seit langem, dass der Iran Atomwaffen anstrebe.
In Israel leben nach Angaben einer Stiftung noch 189 000 Überlebende des nationalsozialistischen Massenmordes. Fast 40 Prozent von ihnen seien auf finanzielle Unterstützung angewiesen, berichtete der israelische Rundfunk. Etwa ein Viertel von ihnen kann sich nach eigenen Angaben demnach keine Medikamente leisten.
Viele Überlebende machen sich angesichts von Anschlägen auch Sorgen um ihre Sicherheit. „Im hohen Alter erneut mit dem tödlichen Hass des Antisemitismus konfrontiert zu werden, erschüttert die Überlebenden zutiefst“, sagte Christoph Heubner, Vize-Exekutivpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, der Deutschen Presse-Agentur. Er forderte, die Vergangenheit nicht ruhen zu lassen, sondern weiter aufzuarbeiten. Für die junge Generation könnten neue, womöglich letzte NS-Prozesse eine gute Geschichtsstunde sein.
Bereits am Mittwochabend hatte es eine Zeremonie in der Holocaust- Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gegeben. Dabei hatte Netanjahu den Iran mit dem NS-Regime verglichen. „So wie die Nazis danach strebten, die Zivilisation und (...) die Juden zu vernichten, so strebt auch der Iran nach Kontrolle über die Region, mit der ausdrücklichen Absicht, den jüdischen Staat auszulöschen.“
Auch zu NS-Zeiten habe die Welt Warnungen ignoriert und auf einen Kompromiss gesetzt. Doch der Wunsch nach einer friedlichen Einigung habe sechs Millionen Juden das Leben gekostet. Netanjahu warnte erneut vor einer Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran. Einen sich im Atomstreit abzeichnenden Kompromiss des Westens mit dem Iran versucht Netanjahu zu verhindern.
Der Iran und die 5+1-Staaten hatten sich in Lausanne in einem Rahmenabkommen auf Begrenzungen sowie Überwachungsmechanismen des Atomprogramms geeinigt. Eine endgültige Vereinbarung soll bis Ende Juni stehen. Im Gegenzug sollen Sanktionen aufgehoben werden. Der Westen will sicherstellen, dass der Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen gelangt. Der Iran hat eine solche Absicht stets dementiert.