Zweifel an deutscher Ahnungslosigkeit bei US-Spähangriffen
Berlin (dpa) - In der Debatte über US-Spähangriffe auf Telefonate und E-Mails aus Deutschland mehren sich Zweifel an der Ahnungslosigkeit deutscher Behörden.
Der frühere österreichische Verfassungsschutz-Chef Gert René Polli sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, ihm sei das Programm „Prism“ unter anderem Namen bekanntgewesen. Darum sei es „widersinnig und unnatürlich“, wenn die Deutschen nichts davon gewusst hätten. Auch in Österreich habe es Überwachungsaktivitäten der Amerikaner gegeben, wenn auch in geringerem Umfang.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Rudolf Körper, der Mitglied des für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums ist, zeigte sich „überrascht, dass manche überrascht sind“ von den Enthüllungen. Nach seinem Informationsstand hätten sich die Amerikaner ausschließlich amerikanischer Server bedient, und damit die „nationale Integrität Deutschlands“ nicht verletzt. „Wenn wir geschützte Kommunikation wollen, müssen wir eine eigene, robuste Infrastruktur aufbauen“, sagte Körper der Zeitung.
Die Deutsche Post arbeitet nach eigenen Angaben mit den US-Sicherheitsbehörden zusammen. Es gebe eine Übermittlung von Daten im Zusammenhang mit Sendungen in die USA im Rahmen längerfristig angelegter Pilotprojekte, teilte das Unternehmen nach Angaben der Zeitung „Welt am Sonntag“ mit.
Dabei gehe es um eine Übermittlung zu Testzwecken mit dem Ziel einer Vereinfachung der Zollabfertigung. Das gelte aber nur für Unternehmenskunden.
Briefe und Postkarten seien nicht betroffen. „Darüber hinaus stellen wir den amerikanischen Sicherheitsbehörden in seltenen Fällen und nur nach expliziter Aufforderung weitere Informationen über die Sendungen zur Verfügung“, teilte das Unternehmen mit.
Nach Medienberichten sammeln die US-Geheimdienste in noch größerem Umfang Daten als bisher bekannt. Demnach werden beim gesamten Briefverkehr des staatlichen Postdienstes USPS Absender und Empfänger abfotografiert und gespeichert. In Deutschland wird nach Angaben der Post zwar jede Adresse abfotografiert, aber nur für den korrekten Briefversand und andere interne Zwecke.