Zweifel an Komplott gegen saudischen Botschafter

Washington/Teheran (dpa) - In den USA werden die Zweifel an dem angeblichen Mordkomplott des Irans gegen den saudischen Botschafter Adel al-Dschubair in Washington immer lauter.

Selbst US-Ermittler seien lange skeptisch gewesen, weil die Verschwörung so bizarr und ungewöhnlich schlecht organisiert erschien, berichteten die „Washington Post“ und das „Wall Street Journal“ am Donnerstag unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Beamte. Dass die iranische Führung verwickelt sei, basiere lediglich auf Schlussfolgerungen.

Justizminister Eric Holder hatte „Elemente der Regierung“ im Iran, konkret den militärischen Arm Al-Kuds der Revolutionsgarden, für den Plot verantwortlich gemacht. Als Beweis nannte seine Behörde eine Überweisung von 100 000 Dollar (72 800 Euro) an einen mutmaßlichen Auftragsmörder des mexikanischen Drogenkartells „Los Zetas“, der in Wirklichkeit ein Informant der Drogenfahndung DEA gewesen sei. Der Geldtransfer lasse sich zu den Al-Kuds zurückverfolgen und könne eigentlich nur von ihrer Führung genehmigt worden sein.

In den Zeitungsberichten räumten die zitierten Beamte dagegen ein, das Komplott trage nicht die Handschrift dieser Spezialeinheit. „Was wir sehen, scheint unvereinbar mit den hohen Standards, die wir aus der Vergangenheit kennen“, heißt es. „Der operative Flügel der Al-Kuds ist zu intelligent und erfahren, um solch eine schlampige Operation durchzuführen“, sagte der auf Iran spezialisierte politische Analyst Roozbeh Mirebrahimi dem „Wall Street Journal“.

Erst nach monatelangen verdeckten Ermittlungen seien die Fahnder zunehmend überzeugt gewesen. Sie stützen ihre Anschuldigungen auch auf die Tatsache, dass der verhaftete Drahtzieher Manssor Arbabsiar - ein Iraner mit US-Pass - in engem Kontakt mit dem hochrangigen Al-Kuds-Mitglied Gholam Shakuri gestanden habe. Dieser sei als Unterstützer des internationalen Terrorismus bekannt. „Man kann das nicht anders erklären“, zitiert das „Journal“ einen US-Offiziellen.

Ein westlicher Diplomat im UN-Sicherheitsrat sagte in der „Washington Post“: „Jeder war überrascht über den Dilettantismus der Verschwörer.“ In der „New York Times“ äußerte sich der Nahostexperte Kenneth Katzman kritisch. „Es gibt einfach keinen Präzedenzfall und noch nicht einmal eine angemessene Begründung dafür, dass der Iran einen Komplott plant - ganz egal wo - mit nichtmuslimischen Dritten wie mexikanischen Drogenbanden“, sagte er.

Persönliche Bekannte von Arbabsiar, der sein Geld in Texas in den vergangenen Jahren unter anderem mit dem Verkauf von Gebrauchtwagen oder einem Gyros-Imbiss verdient hatte, äußerten sich in den Medien ungläubig über die Vorwürfe. Der 56-Jährige sei für solch eine große Aktion ihrer Meinung nach nicht schlau genug gewesen.

Andere US-Regierungsvertreter brachten hingegen sogar den iranischen Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei ins Gespräch. „Das ist eine Operation - der Mord an einem Diplomaten auf ausländischem Boden - die auf höchster Ebene in der iranischen Regierung hätte genehmigt werden müssen“, sagte ein hochrangiger Beamter der „Los Angeles Times“. Es gebe keine Beweise für diese These, aber man gehe nicht davon aus, dass es sich um eine Aktion gehandelt habe, die jemand auf eigene Faust ausführen wollte.

Der ehemalige iranische Präsident Mohammed Chatami warnte unterdessen seinen Nachfolger Mahmud Ahmadinedschad vor einem möglichen Militärangriff der USA. „Unsere politischen Vertreter sollten vorsichtig sein, den USA einen Vorwand zu liefern, um gegen unsere Sicherheit und territoriale Integrität vorzugehen“, sagte Chatami der oppositionellen Internetseite Rahesabs. Er bezeichnete die US-Vorwürfe als eine Verschwörung der Regierung in Washington, um sich Vorteile für die Präsidentschaftswahlen 2012 zu verschaffen.

Die Regierung in Teheran hatte bereits am Mittwoch die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Die angeblichen Attentatspläne haben die Spannungen zwischen beiden Staaten massiv verschärft. Die Regierung in Washington hatte am Mittwoch auch eine militärische Reaktion nicht ausgeschlossen und erließ neue Sanktionen gegen Teheran.

Auch Saudi-Arabien verurteilte den Iran scharf. Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal sagte am Donnerstag in Wien: „Alle Informationen, die uns vorliegen, richten sich gegen den Iran.“ Der geplante Terrorakt „schmerzt uns sehr“, sagte al-Faisal. „Wir hätten uns nie vorstellen können, dass der Iran einen solchen Schritt machen könnte.“