Digitalisierung Breites Bündnis für ein Bundes-Digitalministerium

NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart (FDP) setzt sich an Spitze jener Verbände, die die Groko in Sachen Digitalisierung kritisieren.

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Düsseldorf. Der nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart (FDP) hat gegenüber dieser Zeitung die Pläne zur Digitalisierung der großen Koalition aus Union und SPD kritisiert. „Der frühere Bundespräsident Herzog sprach noch ermutigend von ,Laptop und Lederhose’. In der Berliner Groko findet sich nur noch die Lederhose. Das reicht nicht. Wir müssen digital durchstarten und brauchen dringend einen digitalen Ruck im Bund“, sagte Pinkwart und setzte sich damit an die Spitze einer Bewegung in der deutschen Wirtschaft gegen die Digitalpläne der Koalitionsverhandlungen.

„Gesucht: Digitalminister (m/w)“ heißt eine vom Bundesverband Deutsche Start-ups gestartete Petition, die gerade regen Zulauf findet. „Wir können es uns nicht mehr leisten, digital im Schlafwagen durch Deutschland zu fahren“, heißt es dort. Mittelstandspräsident Mario Ohoven kritisiert: „Deutschland ist leider ein digitales Entwicklungsland. Wir brauchen sofort ein Digitalministerium. Wir bekommen ein Heimatministerium.“ Entgegen früherer Absichtserklärungen soll es in den kommenden vier Jahren keinen Digitalminister oder einen Digital-Staatssekretär geben — obwohl Fachpolitiker von Union und SPD das zuvor gefordert hatten. SPD-Digitalexperte Lars Klingbeil hatte zum Beispiel zuletzt ein eigenes Ministerium angeregt. Nun aber soll alles beim Alten bleiben; Die Aufgabenbeschreibung „Digitales“ ist Zusatz im Verkehrsministerium wohl auf Geheiß der CSU. Das Thema verstreut sich darüber hinaus auf Ressorts wie Wirtschaft, Bildung und Arbeit. Regiert wird mit Einzelmaßnahmen, nicht nach Plan.

Für NRW-Minister Punkwart ist das alles viel zu wenig: „Der digitale Wandel muss Teil der DNA einer Regierung sein“, fordert er. „Nur wenn wir einen ganzheitlichen Ansatz wählen, können wir digitale Infrastruktur, digitale Wirtschaft, digitale Verwaltung und digitale Bildung erfolgreich umsetzen und erfahrbar machen.“ Konkret arbeite der NRW-Minister in Düsseldorf deshalb an einer ressortübergreifenden Digitalisierungsstrategie, forciere den Infrastrukturausbau, das digitale Bürgerbüro und das digitale Gewerbeamt. „Ganz wichtig ist dabei die digitale Startup-Szene und ihre Vernetzung mit dem Mittelstand und der Industrie“, sagt Pinkwart.

(NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (Archivbild: dpa))

In Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Österreich und Polen sind bereits Digitalminister im Amt; China und die USA treiben die Digitalisierung allein aus Wettbewerbsgründen stark voran. In Deutschland läuft der Breitbandausbau schleppend, Schulen und Universitäten sind digital schlecht ausgestattet, Verwaltungen arbeiten veraltet. Nun sollen fünf Milliarden Euro in eine „starke Digital-Infrastruktur“ investiert werden. Weitere zehn bis zwölf Milliarden Euro sollen in den Ausbau von Glasfaser-Netzen und den flächendeckenden Zugang zum Internet fließen.

Pinkwart hält das für „wichtige finanzielle Ankündigungen“, glaubt aber weniger an „schnelle und unbürokratische Bereitstellung“ der Gelder. „Wiederholt wurden die Richtlinien vom Bund geändert und Mittel, wie etwa jene für die digitale Schule bereits 2016 angekündigt, aber bis heute nicht bereitgestellt. Nun werden sie erneut versprochen und dann auch noch um dreißig Prozent gekürzt. Ein digitaler Aufbruch sieht anders aus“, sagte Pinkwart.