UN-Generalsekretär Chef-Überwacher des iranischen Atomprogramms Amano ist tot

Wien/Teheran · Er galt als Mann der leisen Töne. Bedächtig agierte Yukiya Amano auch im politischen Sturm um das Atomabkommen mit dem Iran. Er hielt das eherne Prinzip der UN-Behörde hoch: unparteiisch sein.

Yukiya Amano, Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), ist gestorben.

Foto: dpa/Ronald Zak

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, Yukiya Amano, ist tot. Das teilte die UN-Behörde am Montag mit. Der Japaner wurde 72 Jahre alt. Er hatte in letzter Zeit mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Amano leitete die IAEA seit knapp zehn Jahren. Die Behörde spielt weltweit eine entscheidende Rolle bei der Überwachung der friedlichen Nutzung der Kernenergie. So überprüft sie seit 2016 mit strengen Kontrollen die Einhaltung der Auflagen des Atomabkommens mit dem Iran. Jüngst hatte Amano schon sehr konkret an Rücktritt gedacht. Die IAEA-Flagge am UN-Gebäude in Wien werde auf halbmast gesetzt, so die Behörde weiter.

Amano war nach Angaben eines Sprechers bereits am 18. Juli gestorben. Mit Rücksicht auf den Wunsch der Familie wurde sein Tod aber erst jetzt bekannt gegeben. UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich „tieftraurig“ über die Nachricht und sprach Amanos Familie sein Beileid aus.

Auch der Iran bedauerte den Tod Amanos. „Wir hatten eine sehr enge Zusammenarbeit und haben seine fachkundige und professionelle Arbeit stets geschätzt“, twitterte Vizeaußenminister Abbas Araghchi. Nach den Worten von Außenminister Heiko Maas (SPD) hat Amano die Atomenergiebehörde in bewegten Zeiten stärker gemacht. „Auch das unermüdliche Engagement von Generaldirektor Amano zur Stärkung des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags (NVV) im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird mir persönlich in besonderer Erinnerung bleiben“, sagte Maas laut Mitteilung des Auswärtigen Amtes.

Strikte Sachlichkeit war Amanos Programm. Er war so etwas wie die Verkörperung der Unaufgeregtheit. Leise und stets in sachlichem Ton trat er auf. Das galt auch in der aktuell härtesten Bewährungsprobe der Behörde: der Überwachung des laut Abkommens rein zivilen Charakters des iranischen Atomprogramms. Amano wusste, dass die UN-Behörde ihre Aufgabe nur durch strikte Unparteilichkeit erfüllen kann. Die Partner des Abkommens - Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland - sowie die 2018 ausgestiegenen USA schauten äußerst genau auf die Prüfergebnisse der IAEA.

Amano hatte Ende 2009 die Nachfolge von Mohammed el Baradei angetreten, der für sich und seine Behörde den Friedensnobelpreis holte. Unter Amano rückten auch IAEA-Aufgaben in den Vordergrund, die vorher kaum öffentlich wahrgenommen worden waren. Amano sprach vermehrt über die Chancen der Nuklearenergie bei der Bekämpfung von Krebs oder Hunger. Schon früh kündigte er an, die Behörde zwischen ihren beiden Aufgaben - der Überwachung und der Förderung der Nutzung von Atomenergie - ausbalancieren zu wollen.

Für den Japaner, in seiner Funktion einer der weltweit wichtigsten Fürsprecher der Atomenergie, war das Unglück von Fukushima ein „Weckruf“. Seitdem sei die Atomenergie noch sicherer geworden, auch wenn Unglücke wie in jeder Industrie nie ganz auszuschließen seien, sagte er 2012 der Deutschen Presse-Agentur. Er wies darauf hin, dass menschliches Versagen in Fukushima eine entscheidende Rolle gespielt habe. Dort war es 2011 nach einem Erdbeben zu einer Kernschmelze gekommen.

Amano hatte in Tokio Jura studiert und trat 1972 in die Dienste des japanischen Außenministeriums ein. Als Experte für Atomfragen führte er viele internationale Verhandlungen zur nuklearen Abrüstung und war als Diplomat unter anderem in Washington und Brüssel tätig. Seit 2005 war er Japans IAEA-Botschafter.

Sein Mandat als IAEA-Chef wäre noch bis 2021 gelaufen. Vor gut zwei Wochen hatte er bei einer Dringlichkeitssitzung des Gouverneursrats gefehlt, bei der über Verstöße des Irans gegen das Abkommen beraten wurde. Bereits im September 2018 hatte er wegen eines medizinischen Eingriffs zwei wichtige Treffen der Behörde verpasst.

(dpa)